· 

Ein Liebesbrief ans Musical

Das Musical und ich. Wie wir zueinander gefunden haben ist eine lange Geschichte. Erstmal zu mir. Hi. Ich bin Noah. Ich bin 1999 geboren worden, mein Bruder (Person C) ist 2 Jahre jünger als ich (wird aber, sehr zu seiner Belustigung und meiner Verärgerung immer für älter gehalten…).

 

Wir sind immer schon sehr musikalisch aufgewachsen. Vom abendlichen Schlaflieder Singen über musikalische Früherziehung  und  "Ihr könnt euch selbst aussuchen welches Instrument ihr lernt, aber eins muss es sein" (das klingt jetzt schlimmer als es war) bis zum Gospelchor in dem ich seit ca. 2011 mit meinen Eltern (Person A und Person B) singe und dem Gesangsunterrichts den ich (ebenfalls seit 2011) genießen darf.

Irgendwo haben wir bestimmt auch noch ein Bild, auf dem wir beide im Kostüm sind, aber irgendwie ist das verschwunden...
Irgendwo haben wir bestimmt auch noch ein Bild, auf dem wir beide im Kostüm sind, aber irgendwie ist das verschwunden...

Auch den ersten Musicalbesuch hatten wir schon sehr früh hinter uns. Wir waren beide im Kindergarten… Oder ich zumindest auf jeden Fall. Es war entweder Cats oder Starlight Express (Ja, ich weiß, es ist eine Schande, dass ich nicht weiß, was mein erstes Musical war… Aber das ist halt wirklich lange her). Bei Cats haben wir wohl (Erzählungen nach… Ich erinnere mich nicht mehr dran) eine Backstage Führung im Capitol Theater in Düsseldorf gemacht. (Edit: Auf der Suche nach Bildern für den Artikel bin ich tatsächlich über die Karten von damals gestolpert: Cats war tatsächlich am 29.8.2004). Naja, danach liefen die beiden CDs bei uns auf jeden Fall täglich hoch und runter. Ich kann sie bis jetzt auswendig. Die Liebe ging so weit, dass wir im Kindergarten den kleinen Nebenraum (die "Puppenecke") ständig mit einer Gruppe von Freunden belegt haben, den CD-Player anschlossen und die Stücke mit und nach spielten. Meine Rollen? Ich war Skimbleshanks und Mister Mistoffelees. Bei Starlight waren es Pearl und Electra.

Person C hatte Macavity und Caboose zu seinen Lieblingen erklärt (Was das wohl über ihn aussagt?). Auch zu Karneval (ja, wer es noch nicht mitbekommen haben sollte, wir befinden uns in NRW, was heißt zwangsläufig haben wir auch Karneval gefeiert) wurde er Macavity und ich Victoria (die weiße Katze, für die, die nicht so vertraut mit dem Stück sind). Ich glaube die Kostüme, die Person A damals für uns gemacht hatte haben wir sogar heute noch irgendwo. 

 

© Thomas Felgenträger
© Thomas Felgenträger

In der Grundschule war dann nicht mehr so viel Musical mäßiges, erst ab meiner Einschulung im Gymnasium wurde es wieder Teil meines Lebens. Warum? Meine Schule hatte eine Musical AG, die einmal jährlich ein Stück präsentierte. Die ersten 3 Jahre sah ich nur zu, in der 7. Klasse traute ich mich dann endlich mich zum "Casting" zu bewerben. Bis zum Abi spielte ich dann in 5 Stücken mit: "Hair" im Ensemble, "Peter Pan" als Lost Boy, "Tom Sawyer" als die Lehrerin, "Flashdance" als Ms. Wild, die Ballettschulleiterin und "All shook up" als Mathilda Hyde, die strenge Bürgermeisterin (man merkt, ich wurde ge-type-casted). Ich habe es geliebt. SO sehr, dass ich auch nach meinem Bai noch jahrelang ehrenamtlich in der AG mitgeholfen habe. Dazwischen sahen wir uns immer mal wieder Produktionen in der Nähe an: "Mamma Mia!", "Rocky Horror Show", "Starlight Express", ... aber mein Enthusiasmus aus den Kindergartentagen war nicht mehr da. 

 

Bis irgendwann Anfang 2016 im Chor der Vorschlag getätigt wurde am Chor-Musical "Luther" mit zu wirken. Ich war Feuer und Flamme. In den Sommerferien übten wir unsere einzelnen Stimmen ein: Person A mit dem Alt, Person B mit dem einen anderen Tenor, den wir haben (wir sind ein ziemlich kleiner Chor…) und ich mit dem Sopran (ich habe mit 12 im Chor angefangen, meine Stimme hat sich verändert…. Aber ich kann meinen Sopran einfach nicht verlassen). Am 9. Februar 2017 war dann die große Aufführung im ISS Dome in Düsseldorf. Ich habe es so geliebt bei der Generalprobe das Einsingen und den Soundcheck der Profis mit zu hören, mit tausenden von anderen zusammen zu singen, von den Darstellern gesehen und wertgeschätzt zu werden. Es war wundervoll. Person B und C haben dann in Remscheid nochmal mitgesungen. Sie haben nur Männerstimmen gesucht, sonst wären Person A und ich auch mit dabei gewesen, so haben wir es uns nur nochmal angesehen. Einmal aus der anderen Perspektive gucken. Auch für Berlin, Ende des Jahres, meldeten Personen A, B und ich uns wieder als Sänger an. Diesmal durften wir sogar mit auf die Bühne, mit 300 anderen, direkt hinter der Band statt nur im Rang. Die Aufnahme davon gibt es sogar auf YouTube, weil sie im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Vielleicht findet ihr mich ja: Luther POP-Oratorium Berlin

 

Zum 18. Geburtstag wurde ich von meinem Patenonkel vor die Wahl gestellt: Evita im Opernhaus in Düsseldorf, Tarzan im Metronom (da wars ja noch offen…) und ein drittes Stück, was ich zugegebener Maßen nicht mehr weiß… Ich entschied mich (wegen meiner argentinischen Oma) für Evita. Es war eine britische Tour-Produktion auf englisch, was wir zwar vorher nicht wussten was aber im Endeffekt ganz wunderbar war, weil ich (wie ich jetzt weiß) die deutsche Übersetzung leider echt furchtbar finde. Als mein Patenonkel mich dann nach der Vorstellung zurück nachhause brachte zeigte er mir ein paar seiner Lieblings-Musicallieder. Unteranderem aus "Elisabeth". Damals fand ich es noch etwas befremdlich … Wer hätte gedacht, dass es mal eins meiner Lieblingsstücke wird? Im selben Jahr ging es zum Abi auch mit der Familie nach Hamburg zum "König der Löwen" und Ende des Jahres zur "Rocky Horror Show" im Capitol in Düsseldorf. Da fing es bei mir dann langsam an mit der Faszination mit einzelnen Darstellern, namentlich Stuart Matthew Price (wer ihn nicht kennt, ändert das! Der Mann hat die Stimme eines Engels! Stuart Matthew Price - RUN AWAY WITH ME). So langsam schlichen sich also mehr und mehr Musicallieder in meine Playlists ein. 

 

2018 wehte uns der Flyer für die Uraufführung eines neuen Chormusicals in den Briefkasten (also… ins E-Mail Fach…). Diesmal sollte es um Martin Luther King gehen. Wir meldeten uns mit dem Chor an, bereiteten uns wieder akribisch vor, sangen die Lieder auf der Fahrt in den Urlaub und sowieso immer und überall. Wir sangen die Uraufführung in der Gruga Halle in Essen mit und meldeten uns dann prompt auch für die Aufführung beim evangelischen Kirchentag in Dortmund im Sommer 2019 an, diesmal wieder nur zu dritt, ohne den Chor. Da fing es dann langsam an. Ich recherchierte die einzelnen Darsteller und was sie sonst noch so gespielt hatten. Ich hatte besonders Stefan Staras Stimme ins Herz geschlossen, über ihn bin ich zu "Wicked" gekommen, da er in der deutschen Erstaufführung den Moq gespielt hatte. Über Wicked kam ich zu Mark Seibert, über den zu "Elisabeth" und dann zu Roberta Valentini. Und wer schon mal einen meiner Artikel gelesen hat oder mir auf Instagram folgt, weiß, dass es da um mich geschehen war. Den gesamten Sommerurlaub wurde fleißig recherchiert, Playlists zusammengestellt und ihre Termine in NRW herausgesucht. Da! Ich hatte zwei gefunden und direkt gebucht.

 

Am 14. September 2019 ging es für mich zu meinem ersten Musical-Konzert. Und zwar nach Wuppertal zu Patrick Stankes "Role of a lifetime" mit den Gästen Jana-Marie Gropp und (wie ihr euch denken könnt) Roberta Valentini. Ein sehr kleines Theater, bis auf den letzten Platz gefüllt. Selbst in der letzten Reihe wäre man noch extrem nah an der Bühne gewesen. Perfekt für einen Voll-Nerd im Werdegang um ganz in den Bann gezogen zu werden. Ich habe jede Sekunde ganz tief in meinem Herzen eingeschlossen. Meine nicht so richtig geschickten Versuche an eine Unterschrift zu kommen waren irgendwann auch erfolgreich… Wohlbemerkt nur kurzfristig, da der Stift den ich mitgebracht hatte auf der selbst bemalten Elisabeth Jacke leider eingesogen wurde und bis ich zuhause ankam nicht mehr zu sehen war… Ich fühlte mich genötigt mich zu erklären und schrieb somit mitten in der Nacht eine entschuldigende Erklärung an Roberta Valentini, warum ich sie am Folgetag in Bielefeld nochmal überfallen müsse. (An dieser Stelle halten wir fest, dass ich das zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr tun würde und es mir im Nachhinein auch unglaublich unangenehm ist...). 

Also machte ich mich am nächsten morgen, begleitet von meinem besten Freund (der kein Musical-Fan ist, also nochmal danke, dass du's aushältst) mit dem Zug auf nach Bielefeld in die Matinee von "Otello darf nicht platzen" mit u.A. Navina Heyne, Jeannine Michèle Wacker und Jonas Hein… und Roberta offensichtlich. Wir saßen irgendwo hinten im oberen Rang, hatten aber trotzdem einen großartigen Blick auf die Bühne. Erstaunlicherweise hatte selbst mein bester Freund Freude an dem Stück. Ich ja sowieso. Danach also schnell zur Stage Door. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich mich von der Nervosität überrollen lassen und wäre doch nachhause… Wir standen also im hellen Tageslicht, gen 16h an der menschenleeren Stage Door und warteten. Es waren vielleicht noch 3 andere Personen da, wenn überhaupt… Irgendwann kam sie raus, nahm sich wirklich viel Zeit, unterhielt sich noch mit mir, ich wurde mein Geschenk los und bekam meine Unterschrift. Spätestens zu dem Zeitpunkt hat sie sich wohl auf ewig in mein Herz geschrieben… Wenn man meinen besten Freund fragt, würde er sagen, dass ich von der Sekunde wo sie aus dem Theater kam bis wir zu Fuß zum Bahnhof gegangen und in den Zug gestiegen sind, wohl knall rot war… Ich werde dieses Gerücht weder dementieren noch bestätigen. 

 

Eine von besagten Leinwänden (@ajnorsnerdshirts auf Instagram)
Eine von besagten Leinwänden (@ajnorsnerdshirts auf Instagram)

Spätestens seit diesem warmen Nachmittag im September ist das Musical ein Teil von mir. Die längste Zeit die ich ohne Theaterbesuch ausgehalten habe, waren (auch nur pandemiebedingt) wenige Monate und auch in dieser Zeit habe ich mir Streams gekauft und angesehen.

Ich höre Musical-Podcasts, male meine Leinwände und Shirts. Das Musical hat mir viele liebe Bekannte und zwei wunderbare Freundinnen (Füssen-Crew, fühlt euch angesprochen) und einfach sehr viel Lebensfreude gegeben. Ich habe Orte gesehen, zu denen ich sonst nicht gereist wäre, wie Füssen (Ludwig 2 - Zum Ersten), Dinslaken (Die Gala der Musicalstars - Burgtheater Dinslaken 2021) oder Bielefeld. Habe mich ins Stadttheater in Dortmund (Songs for a new World Theater Dortmund 2020) verliebt und so viele tolle Künstler sehen dürfen. Der Beutel, der kaum meine Seite verlässt, ist mit den Unterschriften einiger Darsteller verziert. Meine Gesangslehrerin flucht jedes Mal, wenn ich mit einem neuen Lied ankomme, weil sie weiß, dass es ein Musicallied sein wird. Meine Urlaubspläne beinhalten oder fokussieren sich auf Musicalbesuche, für 2022 stehen auch wieder mehrere Reisen auf der Liste: Nach Fulda zu "Robin Hood", zu "Elisabeth" nach Wien, zu den Festspielen in Tecklenburg und natürlich wieder mit Jules und Annabellnach Füssen. Und dass die Noten im Tattoo auf meinem Unterarm aus "Elisabeth" stammen, habt ihr euch zu diesem Zeitpunkt vielleicht auch schon denken können. Jetzt sitze ich hier im "Päpstin"-Pulli über dem "Elisabeth"-Tshirt, das neue "Cats" Album aus Wien hörend, im Zug auf dem Rückweg von meinem Besuch in Berlin um "Ku'damm 56" zu sehen und schreibe diesen Artikel in meinem Musical-Blog. Wer hätte das damals gedacht?

 

 

Liebes Musical, du bist mein liebster Begleiter und hast mir viel gegeben. Bleib noch lange an meiner Seite.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Annabell (Samstag, 22 Januar 2022 20:13)

    Füssen Crew ❤️

  • #2

    Annabell (Freitag, 04 März 2022 20:04)

    Ist bei mir und meine “kleine“ Schwester auch so �