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Robin Hood - Zum Zweiten

Foto: © Mandy Walgenbach (Instagram: @mandy82_wa)
Foto: © Mandy Walgenbach (Instagram: @mandy82_wa)

 

Heute wäre eigentlich mein erster Besuch bei Robin Hood gewesen, doch mein innerer Drang Marle Martens als Marian sehen zu MÜSSEN, hatte mich dazu gebracht für den Vortag noch zusätzlich Karten zu kaufen. Trotzdem freue ich mich sehr, auch heute nochmal ins Schlosstheater zu kommen und diesmal Johanna Zett als Marian sehen zu dürfen. Den Artikel zum ersten Besuch findet ist hier: Robin Hood - Zum Ersten

 

Nach einer wenig geruhsamen Nacht in unserer Absteige (dreckig, klebrig und insgesamt echt eklig) beschließe ich früh morgens, entgegen meiner eigentlichen Einstellung Darstellern nicht zu schreiben, Marle eine Nachricht zu hinterlassen. Ich muss schließlich noch das Geschenk los werden, was ich für sie gemacht habe und eigentlich brauche ich auch noch ganz, ganz dringend eine Unterschrift. Ich frage also nach, ob es ihr möglich wäre, nach der ersten Show (heute ist ja Doppelshow-Tag, wir gehen aber in die Matinee) kurz einmal zum Bühneneingang zu kommen. Dabei belasse ich es.

Person A und ich ziehen uns um und gehen die Stadt erkunden, dazu sind wir dank unserer Bahnverspätung am Vortag ja nicht gekommen. Wir flanieren durch die Fußgängerzone, sehen uns Schlosspark, Dahliengarten, Dom und Altstadt an und landen schließlich bei einem Café ganz in der Nähe unseres "Hotels". Heute gibt es Kuchen zum Frühstück, das muss manchmal auch sein! Wir genießen noch etwas das schöne Wetter und gehen uns dann umziehen für unseren Theaterbesuch. Fertig umgezogen und geschminkt geht es los zum Schlosstheater. Oder sollte ich sagen, zurück zum Schlosstheater? Es ist schließlich keine 24 Stunden her, dass wir zuletzt da waren. Ich habe ja eine Tendenz dazu auf Reise quasi in die Theater einzuziehen, siehe auch meinen Füssen-Urlaub letztes Jahr (Ludwig 2 - Zum Ersten). Diesmal sind wir früh genug dran, dass mir nicht übel wird aus Angst zu spät zu kommen. Hat auch mal was schönes. Ich kann nicht anders und kaufe mir auch den Bildband des Stückes. Das Programmheft befindet sich ja schon seit gestern in meinem Besitz. Schnell kommen dazu noch ein kleiner Gin, als Mitbringsel für Person B und die heutige Castliste: Wenig Veränderungen zum Vortag. Wie mir gestern schon von Konstantin Zander an der Stage Door angekündigt wurde, spielt Mark Seibert den Hauptcharakter, da Sascha Kurth leider erkrankt ist. Konstantin selber steht wieder als Baron Fitzwalter auf der Bühne. Neben ein paar anderen Namen im Ensemble sind die größten Unterschiede zur gestrigen Show, dass Johanna Zett (wie erwartet) die Marian spielt und dass wir heute André Haedicke als Bruder Tuck zusehen bekommen. Ich bin gespannt, ich fand Enrico Treuse am Vortag wirklich sehr überzeugend in der Rolle!

 

Wie sich das als guter Musical-Fan gehört, werden noch schnell die Instagram-Stories auf meiner Seite und unserer Fanpage (Festpielhaus Phantome) hochgeladen und dann machen wir uns (mit ein paar Schwierigkeiten, die ich hier nicht weiter ausführen möchte, weil es mir ein bisschen peinlich ist) auf die Suche nach unseren Sitzplätzen. Nach einigen Komplikationen sitzen wir dann im Rang in Reihe 5 und schauen auf die Bühne.

 

Foto: Person A
Foto: Person A

1. Akt

Chris de Burghs Stimme heißt uns herzlich im Theater willkommen und langsam geht das Saallicht aus. Der eingeblendete Titel der Show wird "weg geschossen", begleitet vom Orchester und der vom Band abgespielten Stimme von Eduardo Almeida betritt der kleine Robin (Linja Tauber) die Bühne. Er wird von seinem Freund Guy (Jan Brüggemann) zu einem Wettschießen aufgefordert, woraufhin ein Streit ausbricht. Um zu beweisen wie viel taffer Robin ist, läuft er tiefer in den Wald, bleibt aber in einer Falle hängen. Was weiter passiert erfährt das Publikum nicht. Wir sehen nur die Schatten der im Wald lebenden Verstoßenen.

 

Stattdessen springen wir 10 Jahre in die Zukunft: In ganz England hat König Richard zum Kreuzzug aufgerufen. Wir bekommen zum ersten Mal das Ensemble zu sehen. Natürlich sucht mein Blick direkt nach Marle Martens und Konstantin Zander. Wer mich ein bisschen kennt, weiß ich habe ein Problem mich auf mehr als eine Sachen gleichzeitig zu konzentrieren, also liegt mein Fokus heute beim Ensemble (okay, bei Marle. Er liegt bei Marle). Hier oben auf der Empore gibt es auch keinen Bildschirm dessen Licht einen ablenken kann, sowie unten in den letzten Reihen wo kurz vor jedem Lied der Bildschirm aufleuchtet, auf dem der Dirigent zu sehen ist. Das hilft meinem Fokus zumindest ein bisschen. Das war ja in Füssen schon ein riesiges Problem, als ich direkt neben dem Soundboard gesessen habe... Zurück nach Fulda in den Saal: Frohen Mutes verkündigt das Ensemble und damit das Volk Englands seinen König im Kreuzzug unterstützen zu wollen: "Für Gott und den König!"

Die Szenerie ändert sich und wir sehen den Bruder des Königs, John (Christian Schöne), der wenig begeistert auf die Verehrung seines Bruders reagiert. Johns Tirade wird von dem nun erwachsenen Guy von Gisbourne (Thomas Hohler) unterbrochen. John erklärt stolz, wie Guy trotz seiner niederen Herkunft beim letzten Tournier alle königlichen Ritter besiegt habe. Er stellt Guy auf die Probe: Schießt er Johns Freundin (?) Frau (?) Gespielin (?) Alys eine Pfeil in den Po zahlt John ihm, je nach Treffer 1 oder 3 Pfund. Alys (Tina Haas) wird immer panischer, als sie merkt, dass John es ernst meint, kann aber gegen ein Mitglied der Königsfamilie nichts sagen und stellt sich ans Ende des Thronsaals. Kurz bevor Guy seinen Pfeil abschießen kann und wir herausfinden "Was für ein Mann [...] Guy von Gisbourne" ist, betritt jedoch die Mutter Johns (Caroline Zins) den Saal und setzt dem grausamen Spiel ein Ende. Sie verkündet, dass John von nun an keinen Zugriff mehr auf die Staatskasse hat, da das Geld für den Kreuzzug gebraucht werde. Aufgebracht schickt John Guy los um in seinem Namen in Nottingham Schildgeld für den König zu erheben. 

 

Wir platzen auf Gut Huntington in Nottingham mitten in eine Verlobungsfeier: Unzwar die des Sohns des Earls, Robin von Loxley (Mark Seibert) mit der 13 jährigen, im Kloster aufgewachsenen Tochter des Sheriffs von Nottingham, Marian. Vom Brautpaar ist jedoch nichts zu sehen, wie auch der Earl (Reinhard Brussmann) missmutig feststellen muss. Kurz bin ich etwas irritiert von den "Kettenhemden", die doch stark an Diskokugel erinnern. Auf irgendeinem Instagram Take-Over von Thomas Hohler (ich glaube es war bei Musicalzone) war erkennbar, dass die Kettenhemden wohl durch Unmengen von Pailletten so glänzen. Die armen, armen Näher*innen... Dann taucht zumindest der Bräutigam, ziemlich betrunken auf und verkündigt, seine Braut würde bereits im Bett auf ihn warten... Wie sympathisch... Doch schnell bröckelt die taffe Fassade und es scheint immer mehr durch, dass das alles auf Wunsch des Earls geschieht, der von seinem Sohn verabscheut wird. Im Laufe seiner Rede fällt auch meine lieblings Zeile des ganzen Stückes, da sie so unfassbar tiefgründig ist: "Ein Bankett ist ein Bankett ist ein Bankett!" Ein Hoch auf den Texter, aus dessen Feder diese unglaublich philosophische Zeile stammt (okay, Sarkasmus aus, ich will ja nicht gemein sein.) Robin erhebt das Glas auf seinen Vater: "Als Mutter schon im Sterben lang, [...] seid Ihr der halben Dienerschaft Nachts ins Bett gekrochen. Mit rosigem Gesicht, ermahnt er sie zur Pflicht" Der Earl tut das alles als Scherz ab, doch wer auf die Gesichter der Anwesenden Mägde und weiblichen Gäste achtet, sieht deren Leid und Angst und erkennt, das Robin wohl keinen Scherz damit macht. Die angespannte Situation wird unterbrochen, als ein Pfeil durch den Saal fliegt und in einer Wand stecken bleibt. Ein wirklich genial gemachter Trick: Da die Wände ja aus Gittern bestehen, wird der Pfeil von hinter der Bühne befestigt und die Aufmerksamkeit fällt durch das Geschehen auf der Bühne erst auf ihn, wenn der Spot ihn anscheint. Es wirkt so, als wäre der Pfeil wirklich erst grade ab- und in die Wand geschossen worden. Der Pfeil stammt aus dem Bogen von Guy von Gisbourne, der in die Feierlichkeiten geplatzt kommt, mit dem selben Spruch wie auch schon sein 10 Jahre jüngeres Selbst, ganz zu Anfang des Stückes.  Der Earl erkennt ihn nicht wieder und will ihn rauswerfen, doch Robin erkennt seinen alten Freund aus Kindertagen wieder. Die beiden scherzen zusammen und Guy überbringt seine Botschaft: Der König fordert seinen Tribut für den Kreuzzug. Robin erblickt eine Chance endlich der Macht seines Vaters zu entfliehen und beschließt Guy in den Krieg zu folgen. Er packt seine Sachen, verabschiedet sich, sehr behutsam von der sehr jungen Marian (Linja Tauber), die völlig verängstigt ihre Bettdecke an sich drückt und "flieh[t] in den Krieg". Auch an dieser Stell nochmal der Hinweis auf die Melodie bei der Textstelle "Hab keine Angst, ich will dir nichts Böses": Bitte, helft mir! Woher kenne ich die blöde Melodie? Ich werde hier echt bescheuert! Bitte erlöst mich, wenn ihr wisst, woher die Melodie kommt! Oder bestätigt mir zumindest, dass es nicht nur mir und meinen Eltern so bekannt ist...

 

Ausgestattet mit Schilden und einer wirklich faszinierenden Choreographie verfolgen wir Robin und das Ensemble bei ihren Kriegsverbrechen im Kreuzzug. Sehr clever finde ich auch die Nutzung der Zeile "Unser Gott ist groß" im Text... Womit ja schon andere, reelle Kriegsverbrechen gerechtfertigt wurden... Wer jetzt behaupten möchte das Christentum wäre eine friedliche Religion, sollte sich mal mit den echten Kreuzzügen beschäftigen und den vielen, vielen unschuldigen Menschen die damals sterben mussten, nur weil irgendein Mensch beschlossen hat, Jerusalem (und auch andere Städte) würden dem Christentum gehören und müssten zurück erobert werden (eventuell hat mein Reli-Studium mein Verhältnis zur Kirche stark ins Negative beeinflusst... Aber wenn man mehr lernt, ändert sich auch Meinung und Einstellung!). 

Auch hier im Stück werden die Grausamkeiten des Kriegs offenbart: König Richard gibt den Befehl die gefangenen Frauen und Kinder töten zu lassen, da der Sultan nicht auf die Forderungen eingegangen sei. Ohne zu zögern folgen Robins Bogenschützen dem Befehl, denn "in diesen Kreaturen wohnt der Anti-Christ". Schaudernd und machtlos muss Robin zusehen, wie die Frauen nach und nach erschossen werden und zusammen brechen. 

 

Zurück in England erfahren wir vom Ende des Krieges und den Folgen die dieser für die englische Bevölkerung mit sich gebracht hat. Es herrschen Hunger und Armut im Land. Tot geglaubte Kriegs-Rückkehrer stehen auf einmal ohne Arbeit oder Dach über dem Kopf da, wie Will Scarlett (Dennis Henschel), der einen Hof auf Huntington bewirtschaftet hatte, welcher aber während des Kriegs an einen anderen Bauern vergeben wurde. Wir sehen mitten in den Gerichtsprozess: Scarlett ist angeklagt "seinen" Hof überfallen zu haben. Will Scarlett verteidigt sich als aus der Menge im Saal eine in schwarz gekleidete Frau die Stimme gegen das Unrecht, dass der Sheriff (Thomas Christ) verkündet erhebt und ihm zustimmt. Der Sheriff lässt sie relativ lange gewähren, während die anderen Anwesenden sich über ihren Mut und ihre Dreistigkeit wundern. Doch als die Unruhe zu laut wird, lässt er sie festnehmen, bevor er das Urteil über Will fällt: Er wird schuldig gesprochen und ihm werden alle Rechte entzogen. Jeder der ihm hilft oder Unterschlupf gewährt macht sich strafbar. "Geächtet, entrechtet, so gut wie tot". Verzweifelt rennt er von Tür zu Tür, doch niemand will ihm helfen aus Angst, das selbe Schicksal zu erfahren. Unterdessen hebt die Frau in schwarz ihre Kapuze: Es ist Marian, die Tochter des Sheriffs. Nun ist sie erwachsen (kurz etwas Mathematik... sie war 13 als sie Robin geheiratet hat, im Lied heißt es der Krieg hat 4 Jahre gedauert... dann ist sie 17? Äh... okay, ich setze das "erwachsen" in Gänsefüßchen... Aber jetzt wird sie nicht mehr von Linja Tauber gespielt, sondern von Johanna Zett). Vater und Tochter diskutieren etwas über den Prozess und schnell wird klar, dass auch der Sheriff nicht hinter den Urteilen, die er vollstrecken muss, steht. Doch er hat Angst um sich und Marian und schaut lieber tatenlos zu. Er sieht sich nicht in der Lage etwas zu ändern. Im Gegensatz zu Bruder Tuck (André Haedicke), der dem Prozess beigewohnt hat und nun den verzweifelten Will Scarlett aufgabelt und ins Versteck der anderen Geächteten im Sherwood Forest bringt. 

 

Etwas später sind wir wieder auf Huntington wo der Earl einen Besucher empfängt: Guy von Gisbourne hat die traurige Aufgabe Marian und Earl William von Robins Tod zu berichten. Der Earl lässt die beiden mit den an Guy gewandten Worten "Denkt über mein Angebot nach" allein. Was für ein Angebot das sein mag, wissen weder Marian noch wir zu diesem Zeitpunkt. Die junge Witwe fragt Guy darüber aus, wie Robin als Mensch war, sie hatte ja keine Chance ihren verstorbenen Ehemann richtig kennen zu lernen. Im Laufe des Gesprächs erzählt er, dass ihm Earl William die alte Stelle seines Vaters, als Kastellan, angeboten hat. Auf die Frage ob er annehmen wird antwortet er wage: "Eigentlich habe ich meine Zukunft eher in London gesehen [...], aber vielleicht gibt es hier mehr für mich als ich geglaubt habe", dabei lässt er den Blick über Marian schweifen. 

Einige Wochen später ruft der Earl Marian zu sich. Wir erfahren, dass Guy die Stelle wohl angenommen hat und sich gut als Kastellan macht. Der Earl (Reinhard Brussmann) schenkt ihr etwas Wein ein und bittet sie Platz zu nehmen. Anders als Marles Marian, wirkt Johannas von Anfang an skeptisch der Situation gegenüber, als würde sie ahnen, dass etwas Schlimmes passieren wird. Der Earl weist sie darauf hin, dass sie die Verantwortung trägt, die Linie der Loxleys nicht aussterben zu lassen. 

An der Stelle eine kurze Anmerkung von mir: Innerhalb von wenigen Minuten sagt Marian zweimal quasi den selben Satz ("Die Nachricht von Robins Tod ist kaum ein paar Wochen alt"). Die Sätze sind so ähnlich, dass ich schon beim ersten Schauen kurz gestockt habe, weil es so wirkte, als hätte Marle (und heute Johanna) den Text vergessen und würde einfach eine Zeile vom Anfang der Szene wiederholen. Ich weiß nicht, ob es nur mir so ging, oder auch anderen, aber mich hat das sehr irritiert.

Zurück zum Stück: William ermahnt Marian über ihre Pflichten, beschreibt wie er sie wahrnimmt, es wird mit jedem Satz klarer, dass seine Motive eben nicht die eines "guten Vaters" sind. Okay, mir wird beim Hören tatsächlich übel. Chapeau an Reinhard Brussmann, er spielt das Ekel sehr, sehr überzeugend. Earl William drängt sich Marian immer mehr und aggressiver auf. In ihrer Panik greift Marian nach dem Weinkrug und schlägt damit nach dem Earl, welcher leblos zu Boden fällt. Fast etwas abgeklärt, stellt sie Stühle und Weinkelche wieder auf und ruft nach Gisbourne, der nur noch seinen Tod feststellen kann. 

 

Wir finden uns ein Jahr später, nach der Trauerfeier um Robin und den Earl in der persönlichen Gruft der Loxleys wieder. Marian bittet Gott um Vergebung, als die Äbtissin, in deren Kloster sie aufgewachsen ist, sie anspricht und fragt wie es ihr geht. Sie schlägt ihr vor ins Kloster zurück zu kehren. Guy von Gisbourne überhört das Gespräch und schaltet sich ein. Er rät Marian zu bleiben, während die Äbtissin geht. Er versucht mit ihr zu flirten, wirklich darauf eingehen tut Marian nicht. Doch auch dieses Gespräch wird jäh unterbrochen als eine in schwarz verhüllte Person die Kapelle betritt. Guy will ihn schon rauswerfen lassen, doch als sich die Kapuze hebt steht auf einmal Robin vor ihnen. Nach einem Moment der Stille und einem Wechsel von ungläubigen Blicken rennen Marian und Guy ihm nach, von der Bühne. 

 

Robin ist nun schon ein paar Wochen zurück auf Huntington und wir hören den Bediensteten zu, was ihre Meinung zum neuen Earl ist, während sie den Tisch decken. Entschuldigung aber der Anfang des Liedes klingt immer noch genau wie "Jellicle Katzen" aus Cats. Hört euch beides an, vergleicht es und dann sagt mir, dass ich Unrecht habe.

Robin scheint seit seiner Ankunft nicht einmal zum gemeinsamen Dinner mit Marian aufgetaucht zu sein, er schleicht durchs Haus und will von niemandem angesprochen werden. Die Diener vergleichen ihn mit seinem Vater: Bösartig und egoistisch. 

An der Stelle will ich aber auch nochmal die Harmonien dieses Liedes hervorheben. Ich kann euch leider nicht mehr genau sagen, welche vier der Ensemble Mitglieder die Stelle am Ende des Liedes singen (eins war auf jeden Fall Konstantin Zander, bei den anderen bin ich mir leider nicht mehr sicher... Kommt davon, wenn man zwei Wochen nach dem Besuch erst schreibt...), aber ein ganz großes Lob! Zu viert gegeneinander, mit kaum Begleitung vom Orchester und Stimmführungen, von denen man im ersten Moment denkt, sie sind sehr dissonant und die erst zu viert wirklich wirken, nicht einfach. Großes Kompliment!

Marian betritt den Saal allein, wartet etwas und fordert dann die Diener auf, das Essen an die Dorfbewohner zu verteilen. Doch kurz bevor sie die Tablette wieder an sich nehmen, betritt Robin unerwartet doch den Saal und setzt sich. Unter Staunen beobachten alle Anwesenden ihn. Er bittet ruhig um Wein und schaut über den Tisch. Doch die Ruhe ist nicht von Dauer: Als der Diener, der den Wein bringt die Kanne versehentlich fallen lässt springt Robin reflexartig auf und greift ihn an. Als er aus seiner Starre erwacht schickt er sofort alle raus, doch Marian bleibt. Sie schenkt beiden ein und begibt sich an die andere Hälfte der Tafel. Etwas abrupt beginnt das Lied. Beide singen wunderschön und emotional "Ich weiß nicht wer du bist". Aber Marian scheint als hätte sie ihre Gefühle so lange verstecken und herunterschlucken müssen, dass sie jetzt nicht mehr so ganz darauf zugreifen kann, als ob sie eine Schutzmauer um sich selbst gebaut hätte durch die niemand durch sehen darf. Ich finde es sehr spannend, wie unterschiedlich Johanna Zett und Marle Martens die selbe Rolle spielen und für sich auslegen. Doch die Sorge um Robin und die eigene Zukunft war bei beiden Marians zu spüren, auch wenn sie ganz anders gezeigt wird. Marles Marian wirkte viel wärmer, aber ihre Kälte gleicht Johannas Marian mit mehr Stärke aus. Wo Marles Marian ängstlicher und verletzlicher wirkt, da ist Johannas witzig und sarkastisch.

 

Guy und Robin sprechen über das, was sie im Krieg gesehen und getan haben. Während Robin wehmütig und bereuend auf das Grauen zurück sieht, sieht Guy Heldentaten für die keine Reue nötig ist, er scheint grade zu stolz zu sein. Als er merkt wie unterschiedlich sie den Kreuzzug sehen beschließt Guy nach London zurück zu gehen. Robin versucht ihn zu überreden zu bleiben, doch Guy dreht ihm die Worte im Mund um und lässt sie wie Angriffe auf sich wirken. Er unterstellt Robin ihm nichts zuzutrauen, arrogant zu sein, sich immer schon über ihn gestellt zu haben. Er eröffnet ihm auch, dass Earl William ihn nach Robins Tod zu seinem Nachfolger machen wollte. Guy lässt Robin wissen, dass er sich für besser geeignet als Lord hält, dass ER an seiner Stelle stehen sollte. Wütend reist er ab. 

 

Mit der Reprise von "Für Gott und den König", in der wir erfahren, dass die Stimmung im Land sich wegen der steigenden Armut immer mehr gegen den König (und Gott) wendet, trägt uns das Ensemble ein paar Wochen in die Zukunft. Auf Huntington bekommt Earl Robin Besuch vom Sheriff und zwei Baronen, Fitzwalter und de Vesci und auch in London am Königshof nehmen die Geschehnisse Fahrt auf. König Richard ist gestorben und sowohl in London als auch in Nottingham wird Handlungsbedarf gesehen. 

Parallel sehen wir also was an beiden Orten geschieht. Ein bisschen verwirrend, denn die Akteure beider Szenen stehen ohne räumliche Trennung durcheinander auf der Bühne und verfallen jeweils ins Freeze (also bewegen sich nicht mehr) wenn die andere Szene dran ist. Bei welcher Diskussion wir grade sind ist nur an dem eingeblendeten Schriftzug (entweder "Huntington" oder eben "London") abzulesen. Ich weiß nicht ob eine räumliche Trennung, eine Szene links, die andere rechts auf der Bühne, so dass man sie auch einzeln belichten kann, nicht geschickter gewesen wäre. 

Die Barone und der Sheriff bitten auf Huntington Robin um seine Unterstützung die Magna Charta durchzusetzen, welche dem Landadel mehr Macht und Einfluss über ihr Land und ihre Untergebenen gewähren würde. Robin lehnt jedoch ab, da er sagt er habe im Krieg genug fürs Land getan, er schulde niemandem mehr was und außerdem wäre den Baronen das Volk sowieso egal und sie wollen bloß einen eigenen Vorteil daraus ziehen. Wie so oft stellt ihn Marian zur Rede: Dass er die Verantwortung trägt, dass sich nichts ändern kann, wenn er sich weigert es auch nur zu probieren, wie ihm alles so egal sein kann. Beleidigt stapft Robin von der Bühne.

Zeitgleich verkündet die Mutter von König Richard, dass dieser seinen 11 jährigen Neffen Arthur zu seinem Nachfolger erwählt hat. Doch John, der auf den Thron sinnt hat vorgesorgt und lässt Guy den abgeschlagenen Kopf des Kindes hoch halten. Per Geblütsrecht erklärt er, als Richards Bruder, sich selbst zum König. 

 

Wir folgen Robin und erfahren auch warum ihm alles so schwer fällt: Ihn verfolgen die Bilder des Kriegs immer noch. Jede Nacht quälen ihn Albträume von alldem was er gesehen und unter Befehl des Königs getan hat. Er hat den Glauben an die Menschheit und das Gute verloren. Sehr eindrücklich stellt das Ensemble um ihn herum die schrecklichen Bilder dar, welche ihn verfolgen bis zum Ende von "Woran kann ich noch glauben" alle seine Kameraden und die Unschuldigen, welche von seinen Bogenschützen erschossen wurden, wieder tot um ihn herum liegen. 

 

Der Szenenwechsel führt uns in den Sherwood Forest, wo Will Scarlett auf eine Waffenlieferung von Bruder Tuck wartet. Der kommt auch mit einem Wagen in den Wald, als Will jedoch die Decke darüber lüftet, sieht er keine Waffen sondern 3 Fässer Wein. Wütend stellt Scarlett ihn zur Rede, doch der lebensfrohe Tuck bietet ihm ein Glas an und versucht ihn von seiner Lebensphilosophie "Fünfe grade sein" zu lassen, zu überzeugen. Langsam gibt auch der miesgelaunte Scarlett nach und lässt sich anstecken. Doch auf einmal taucht eine dunkle Gestalt auf der Lichtung auf und erschreckt die beiden. Schnell versteckt sich Tuck hinter dem sehr kleinen Wagen und zieht sich die Decke über den Kopf. Wie sich herausstellt handelt es sich bei der Gestalt um den Bestohlenen, an den die Weinfässer eigentlich hätten gehen sollen, Robin von Loxley. Schnell versucht Tuck sich rauszureden, doch als Robin mit "Ich mach mir nichts aus dem Wein" antwortet, sieht Tuck sich in der Verantwortung ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Schnell trinken auch Robin und die restlichen Geächteten mit. Ich muss sagen, dass André Haedicke eindeutig von Enrico Treuse im Ensemble in den Schatten gestellt wird. Er strahlt, wie auch gestern als Tuck, eine unglaubliche Lebensfreude und einen Enthusiasmus der seines gleichen sucht aus. Dagegen wirkt Andrés Tuck fast etwas schläfrig, er spielt die Rolle sehr routiniert, wirkt fast gelangweilt dabei. Vielleicht hat er aber auch einfach nur einen schlechten Tag, das kann ja schonmal passieren. 

 

Ein paar Tage später sind wir wieder auf Huntington, wo sich die Äbtissin (Melanie Gebhard) mit Marian um eine der Mägde kümmert, welche zusammengekauert im Bett liegt. Schnell wird klar, dass sie selbst eine Abtreibung vorgenommen hat. Die Äbtissin vermutet "um dem Hause Loxley einen weiteren Bastard zu ersparen". Die Implikationen dabei sind eindeutig, aber Moment: einen WEITEREN? Weiß die Äbtissin mehr als wir? Auch in "Manche Wunden heilen nie" scheint sie Geschehnisse zu beschreiben, die ihr selbst widerfahren sind, von denen sie nicht bloß Erzählungen gehört hat. Schockiert hört Marian ihr zu bis auf einmal der völlig betrunkene Robin mit Tuck und Will Scarlett im Schlepptau in den Raum stolpert. Angewidert wirft die Äbtissin ihm noch ein paar Dinge an den Kopf, bevor sie schnell vom Gut verschwindet. Aufgebracht stellt Marian ihren Mann zur Rede, der als er merkt wie ernst die Situation ist, seine beiden Begleiter in die Küche schickt. Auch in diesem Streitgespräch wirkt Marian wieder so, als wolle sie bloß nicht zu viele Emotionen zeigen, weder Angst, noch Wut, noch Sorge. Wogegen Robin alles raus lässt. Wegen Marians Abgekapseltheit (das ist kein Wort, oder? Aber ihr versteht was ich meine...) ist auch der Liedbeginn etwas abrupt. Im Lied zeigt sie sehr viel mehr Emotionen: Ist wütend, enttäuscht, versucht zu Robin durchzudringen, schreit ihn an. Marian versucht, wie so oft, ihn dazu zu bringen seine Macht fürs Gute zu nutzen, sich für die Menschen einzusetzen, Robin hingegen hat Angst die Macht anzunehmen und zu seinem Vater zu werden, so wie es ihm jetzt schon alle vorwerfen (siehe die Diener beim Dinner oder auch die Äbtissin vor wenigen Minuten). Beide sind so sehr in ihren Standpunkten gefangen, dass sie den anderen damit auch dessen Ideen nicht an sich ran lassen können. 

 

Der König ist zu Besuch in Nottingham und der versammelte Landadel begrüßt ihn. König John erhöht die Steuern, womit er auf Entsetzen der ohnehin schon hungernden Bevölkerung stößt. Mein Blick ruht in der hinteren linken Ecke, wo sowohl Marle als auch Konstantin als Teil des Adels stehen. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist nicht die beste, wenn gewisse Darsteller auf der Bühne sind (okay, nennen wir Namen: Meine Aufmerksamkeitsspanne verabschiedet sich vollkommen von allem anderen was passiert wenn Marle Martens, oder (wie bei den letzten Konzerten bei denen ich war) Roberta Valentini auf der Bühne sind). 

Aber zurück zur Story: Die Steuererhebung ist nicht der einzige Anlass für den königlichen Besuch, denn John hat von dem Putschversuch des Sheriffs erfahren. Wir erinnern uns, Sheriff de Lacey und die Barone Fitzwalter und de Vesci wollten ja eine Magna Charta aufsetzen um mehr Rechte zu verlangen. De Vesci hat gepetzt. Der König ist nicht glücklich und setzt de Lacey als Sheriff ab, stattdessen setzt er einen alten Bekannten in das Amt ein. Ratet mal wen... Richtig, natürlich ist es Guy von Gisbourne. Empört von einem Bürgerlichen ersetzt zu werden erhebt de Lacey die Stimme gegen den König, ermahnt alle noch einmal, dass John nur durch den Mord an seinem Neffen zum König geworden ist und unterstellt ihm, dass er die Enthauptung vermutlich nicht einmal selbst ausgeführt hat. Eine schlechte Idee, denn das kann der König nicht auf sich sitzen lassen. Vor den Augen aller Versammelten ersticht er den ehemaligen Sheriff, der leblos zu Boden gleitet. Marian rennt sofort zu ihm und bleibt bis zum Ende der Szene schockiert neben ihm sitzen. Auch hier wieder ein großer Unterschied zur der gestrigen Marian: Marle war aufgewühlt, schockiert, hat ihren "Vater" nicht loslassen können, ihn auf ihren Schoß gezogen, geweint. Bei Johannas Marian überwiegt der Schock, sie hält seine Hand und ist wie erstarrt, zeigt kaum eine Regung, auch nicht als Robin endlich auch seiner melancholischen "Alles ist doof und nichts lässt sich ändern"-Haltung erwacht und die Stimme gegen den König erhebt, zum Ungehorsam aufruft und dafür der Krone die Steuern zu verweigern, selbst als er zum Tode verurteilt und festgenommen wird, rührt Marian sich nicht. Damit fällt der Vorhang und der erste Akt endet.

 

Foto: Ich
Foto: Ich

Pause

Da das Netz im Saal so schlecht ist und wir nochmal versuchen wollten in der Pause ein paar Bilder vor der Robin Hood-Wand zu machen, gehen wir aus dem Saal ins Foyer. Ich komme mir immer etwas doof vor beim Posieren für Fotos, besonders wenn so viele Menschen um mich rum sind... Aber was macht man nicht alles für Instagram und den Blog, schnell geben wir die Wand wieder frei und ich schaue ob ich neue Nachrichten habe. Tatsächlich: Marle hat mir geschrieben, dass sie kurz zur Stage Door kommt (Juhu!) und Konstantin, den ich am Vortag am Bühneneingang abgefangen hatte, wünscht mir eine schöne zweite Show, sehr sehr süß von ihm, vielen Dank! Sehr viel aufgeregter als zuvor, dank der Nachrichten, gehen wir zurück auf unsere Plätze. Die zwanzig Minuten vergehen immer sehr schnell. Und schon geht es weiter.

 

Foto: Person A
Foto: Person A

2. Akt

Wir sind zurück in England, genauer gesagt im Kerker in Nottingham, wo Robin mit Ketten an die Wand gefesselt und aufgebahrt wurde. Gisbourne kommt zu "Besuch" um sich über ihn lustig zu machen. Er erzählt, dass König John ihm Marian zur Frau versprochen hat und von seinen Plänen sie zu "zähmen". Meine Güte, mein Feminismus-Herz muss in dem Stück wirklich leiden... Aber das ist ja Sinn der Sache... Auch Robin ist ganz und gar nicht begeistert und versucht an Guy zu appellieren, doch auch Marians Willen zu bedenken. Guy ist das egal, in seinem Machtrausch erzählt er Robin auch von der Abmachung die er damals mit Robins Vater getroffen hatte: Guy solle Marian heiraten, unter der Bedingung, dass sie vorher das Kind des Earls austrägt um die Blutlinie der Loxleys fortzuführen. Wie gut der Plan des Earls aufgegangen ist, wissen wir ja. Guy fühlt, er sei endlich auf dem "Weg der [ihm] gebührt", doch wird er von Marian unterbrochen, die sich von Robin verabschieden will. Sie gibt Guy sehr klar zu verstehen, dass sie überhaupt nichts von dem Plan hält seine Frau zu werden: "Ich verachte euch". Beleidigt verlässt Gisbourne den Kerker und lässt Marian, Tuck und Robin allein. 

 

Kurz später befinden wir uns auf dem Marktplatz, so stelle ich es mir zumindest vor, vielleicht ist es auch ein Gerichtssaal... Es gibt so wenig Bühnenbild, dass man in den meisten Szenen nur raten kann wo diese stattfindet. Es gibt ein paar Anhaltspunkte, die sehr wenigen Bühnenelemente die wieder zu erkennen sind, so wie die eingeblendeten Geweihe in den Wänden im großen Saal auf Huntington, den Thron von König John und kurze Einblendungen die uns zeigen ob wir grade in Nottingham oder London sind. Ansonsten wird auf das Vorstellungsvermögen der Zuschauer gesetzt, was ich sehr schade finde. Ich mag aufwendige Bühnenbilder die einem die Möglichkeit geben ganz in das Geschehen einzutauchen. Einer der Gründe weshalb ich mich so ins Theater Dortmund verliebt habe war das unglaublich aufwendige und detaillierte Bühnenbild bei Jekyll & Hyde. Ich finde es einfach schade, dass immer mehr einfach nur auf LED Wände und Beamer gesetzt wird, statt auf Handwerk. Bei Tourproduktionen, wie Ghost die schnell auf- und wieder abgebaut werden müssen, kann ich es ja verstehen, aber beim einer festen Produktion wie hier? Da erwarte ich mehr als ein paar eingeblendete Bäume im Hintergrund und ein bewegliches Wandteil, an dem der Winkel verstellt werden kann! Nehmt euch ein Beispiel an Stadttheatern wie Dortmund, Bielefeld oder Bonn! Die kriegen das auch hin!

Also, wir sind auf dem Marktplatz oder im Gerichtssaal, wo Robins Prozess stattfindet. Noch immer ist er an die Wand gekettet, während sich unter ihm die Schaulustigen, sowie Guy, König John, Bruder Tuck und Marian versammeln. Im Hintergrund, als John den Prozess eröffnet und Guy das Urteil verkündet, hören wir die Melodie von "Geächtet, entrechtet". Tuck unterbricht die Anklage um auf Robins Recht auf ein letztes Wort hinzuweisen. Diese letzten Worte nutzt er auch: Robin nimmt das Urteil an, gesteht seine Verbrechen ein. Soweit so gut, doch sehr zum Ärgernis des Königs steht Robin fest dazu, das Richtige getan zu haben. Die Enttarnung der Krone ist ihm sein Leben wert. Er ruft noch einmal zum Ungehorsam auf. Um die Situation zu seinen Gunsten zu drehen bleibt John keine andere Wahl als Robin einen Deal vorzuschlagen: Schwört er dem König seine Treue und widerruft, so schenkt er ihm das Leben. Doch Robin lehnt ab, er werde vor keinem König das Knie beugen, dessen "einziges Ziel es sei das Volk zu seinen eigenen Gunsten auszubeuten". Damit scheint Robins Schicksal besiegelt, denn der Henker wird gerufen. Marian erhebt die Stimme gegen den König und in der dadurch entstehenden Unruhe wird Robin vom als Henker verkleideten Will Scarlett befreit und schießt einen Pfeil nach Guy, welcher ihn an der Wange verletzt. Anders als bei der gestrigen Show achte ich heute einmal genau auf die Technik von Robins Befreiung und Guys Verletzung: Mark Seibert (Robin) ist mit einem Seil an der schrägen Wand gesichert, mit dessen Hilfe er sich ohne größere Probleme (wobei er heute einmal kurz weg rutscht und zwei Versuche braucht) aufrichten kann. Thomas Hohler (Guy von Gisbourne) rennt in dem Getümmel schnell auf die Seitenbühne, wo ihm die Wunde auf die Wange geklebt wird. Das ganze passiert so schnell, dass es einem nicht auffällt, wenn man nicht ganz spezifisch darauf achtet. Tuck, Marian, Will und Robin ergreifen schnell die Flucht während der Marktplatz in Unruhe verfällt. Frustriert und wütend schickt Guy seine Wachen hinterher. Für sein Versagen wird ihm von König John ein Ultimatum gestellt: Schafft Guy es bis zu seiner Wiederkehr Robin und die Unruhestifter zu fangen und alles in Ordnung zu bringen, so gehören ihm Huntington und Marian, schafft er es nicht, so wird auch er zum Geächteten. Von dem freundschaftlichen Ton, den Guy von John gewöhnt ist, ist nichts mehr übrig geblieben. 

 

Die Geflüchteten retten sich in den Sherwood Forest, Robin erkennt die Lichtung wieder auf der er damals als Kind in die Falle geraten ist. Dort lauern ihnen auch schon John Little (Reinhard Brussmann) und die anderen Geächteten auf, die überhaupt nicht glücklich über Robins Ankunft in ihrem Versteck sind. Die Anwesenheit des geflüchteten Adligen macht sie nicht nur zur Zielscheibe des Sheriffs von Nottingham sondern auch der des Königs. Auch auf Will Scarletts Erklärung hin, dass er und Tuck Robin gerettet hätten, schlägt die feindliche Stimmung nicht wirklich um. Robin schwingt eine große Rede, dass die Obrigkeit schon längst einen Krieg gegen das eigene Volk, gegen die Geächteten führe, und dass diese feige dafür seien nicht zu kämpfen. Große Worte für jemanden, der den eigenen Kampfgeist erst vor so kurzer Zeit gefunden hat und sich davor selbst als er die Möglichkeit hatte etwas zu ändern aktiv geweigert hat auch nur einen Finger zu rühren... Auch die Geächteten sind nicht überzeugt, doch Will bringt sie dazu Robin zuzuhören. Robin gibt zu wie falsch er gehandelt hat, dass er sich für sein Verhalten schämt, dass ihm erst selbst ein Unrecht geschehen musste, er selbst in die missliche Lage der Geächteten fallen musste, um das Unrecht zu sehen und etwas dagegen tun zu wollen. Motivierende Reden kann er ja schwingen. Langsam überzeugt er auch den letzten der Geächteten und plädiert für "Freiheit für Nottingham". Ich bin ein großer Freund der Ensemblenummern dieses Stücks, die Choreographien sind wirklich, wirklich beeindruckend und das gesamte Ensemble, ohne Ausnahme besteht aus unglaublich guten Tänzern die wirklich in ihren Rollen aufgehen. 

 

Als das Ensemble tanzend und singend, frohen Mutes sich endlich gegen die "Tyrannei der Obrigkeit" zu wehren von der Bühne verschwindet breitet sich eine neue Szene vor uns aus: Guy von Gisbourne sitzt schmollend in einer Ecke und steigert sich immer mehr in den Hass auf Robin hinein. Er fantasiert darüber, wie er ihn umbringen wird. "Ich oder du, dieser Pfeil wird entscheiden. Die Welt soll erfahren, wer der bessere ist von uns beiden. Stirb wie ein Held, doch bevor du krepierst sollst du leiden. Wenn du am Boden liegst, dann sieh mich an, wer ist der bessere Mann?" Im Gegensatz zu gestern versucht Thomas Hohler nicht gezwungen seine Stimme rauer und böser klingen zu lassen. Es wirkt sehr viel authentischer. Er spielt wirklich toll, aber stimmlich passt er für mich einfach nicht so richtig auf die Rolle  (die Thomas-Hohler-Ultras da draußen, seid mir bitte nicht böse). Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich persönlich ihn stimmlich zumindest passender für Guy finde, als Riccardo Greco, der noch auf allen Plakaten in der ganzen Stadt abgebildet ist (die waren wohl schon gedruckt, bevor das Stück zwei Jahre nach hinter verschoben werden musste). Auch die Wahl des Umhangs (den ich liebevoll "Das Comeback der Schulterpolster" nenne) welchen sich Guy im Laufe des Liedes überwirft, finde ich ein bisschen fragwürdig, aber hey, die Regie wird sich da bestimmt etwas bei gedacht haben. Er führt seine Mordfantasien noch etwas aus, bevor er seinen Gefolgsleuten den Befehl gibt Robin zu suchen, überall und mit allen nötigen Mitteln. In einem kurzen Ausschnitt sehen wir, wie Robin und Marian sich näher kommen, während er ihr das Bogenschießen beibringt. Guy bekommt Nachricht, dass Robin sich bei den Geächteten im Wald aufhält, um ihn aus seinem Versteck zu locken gibt Guy den Befehl die Dörfer rund um den Wald heimzusuchen: "Er soll die Schreie hören, die der Frauen und der Kinder, bis in den Sherwood Forest!"

In einer kurzen (aber für den weiteren Verlauf der Stücks sehr wichtigen) Szene, sehen wir wie Marian ihre ehemalige Amme, die Äbtissin aufsucht und um Hilfe bittet. Sie folgt Marian nach anfänglichem Zögern mit ins Versteck im Wald und kümmert sich um die Verwundeten und Kranken. Zurück bei Gisbourne erfahren wir, genau wie er, durch ein Schreiben des Königs, das die Steuern aus Nottingham nie in London eingetroffen, sondern von Robin und den Geächteten abgefangen worden sind. John erhöht den Druck auf Gisbourne und Guys Hass auf Robin steigert sich noch einmal. Wutentbrannt gibt er den Befehl im Notfall den Wald niederzubrennen.

 

Apropos Wald: Im Sherwood treffen wir auf die feiernden Geächteten, die den gelungenen Diebstahl der Steuern zelebrieren. Sie tanzen und singen ausgelassen und machen sich über den König und Guy lustig. Alle sind mit dabei, außer Robin, der sich irgendwo in den Wald verzogen hat, wo ihn Marian findet. Sie setzt sich zu ihm und fragt ihn, warum er nicht mit feiert. Etwas überdreht versucht sie ihn dazu zu bringen sich zu freuen, all das Gute was sie gemeinsam getan haben anzuerkennen, seinen eigenen Verdienst daran wahrzunehmen. Doch Robin ist etwas melancholisch und denkt, dass er bloß Buße tut für seine Taten im Kreuzzug. Ein bisschen lachen tut er trotzdem, doch die Schuldgefühle wegen des Todes ihres Vaters überwiegen. Die Chemie zwischen den beiden ist mehr wie die zwischen guten Freunden oder Geschwistern, nicht wie ein Liebespaar. Charmant singen und spielen sie beide sehr, aber irgendwie springt der Funke nicht so über wie bei der gestrigen Besetzung. Auch bei dem folgenden Liebesduett "Endlich frei sein" sehe ich kein Paar auf der Bühne. Es ist etwa so wie bei Marks Konzert vor ein paar Wochen, wo er das Lied mit Roberta Valentini gesungen hatte: Gute Freunde die ein Lied zusammen singen. Nicht mehr. Wunderschön gesungen ist es trotzdem und auch Johannas Zögern und ironisches Gesicht-Verziehen nach dem ersten Kuss kommt gut beim Publikum an. 

 

In der nächsten Ensemblenummer "Robin Hood" erfahren wir die Kurzfassung von Robins Erfolgsgeschichte: Die Überfälle auf die Kutschen der Adligen, die Weitergabe des Diebesguts an die Armen, den Ärger von Guy, dass er die Bande nicht zu fassen bekommt. Besonders mag ich die Nummer, weil jedes Ensemblemitglied seinen einen kurzen Moment im Rampenlicht bekommt, eine Zeile die solo gesungen wird. Ich weiß nicht genau, ob das jetzt wieder an mir liegt, weil mein Gehirn so auf ihre Stimme gepolt ist, aber ich habe bei allen Ensemble-Nummern das Gefühl als wäre Marles Mikro ein kleines Stückchen lauter gestellt als die Mikrophone von allen anderen. Auch hier ist die Choreographie wieder wirklich toll. Ich hab es selten, dass mir die Ensemblenummern so viel Spaß machen, wie das hier der Fall ist. Ganz großes Kompliment an die Choreographin und das Ensemble.

 

Wieder zurück auf Huntington bekommt Guy Besuch von der Äbtissin, da sich die Wunde auf seiner Wange, die Robin ihm bei seiner Flucht zugefügt hat, nicht schließen will. Er motzt und schmollt wie ein kleines Kind. Jedes Mal wenn sie die Wunde auch nur schief ansieht wimmert er, als hätte man ihn getreten. Er suhlt sich im Selbstmitleid, dass Robin ihm zum Gespött des Landes gemacht hat und bittet die Äbtissin um Hilfe, als er von ihrer Abneigung gegenüber den Loxleys erfährt. Im Hintergrund erklingt die Melodie von "Wie ein guter Vater", als die Äbtissin erklärt Marian hätte Robin nicht heiraten oder zumindest nach dem Tod des Earls ins Kloster zurück kehren sollen. Ich möchte es aufs Fieber schieben, aber Guy versucht auf einmal mit ihr zu flirten "Ihr seid eine attraktive Frau [...] Es bleibt unser kleines Geheimnis". Die Äbtissin reißt sich los und ihr Blick bleibt an einem Mal an seinem Arm hängen. Die Melodie wechselt zu "Manche Wunden heilen nie (Reprise)", sehr gekonntes Foreshadowing, was mir beim ersten Sehen nicht aufgefallen ist. Diesmal habe ich allerdings auf das etwas faustgroße Mal geachtet, was in keiner der vorherigen Szenen zu sehen ist. Liebe Maske, ich weiß es ist nicht eure Entscheidung, aber vielleicht macht ihr das Mal entweder kleiner, sodass es wirklich erst auffällt, wenn es angesprochen wird, oder es muss von Anfang an da sein und nicht bloß in der einen Szene in der es wichtig ist. Ganz schnell und ziemlich alamiert verschwindet die Äbtissin aus dem Saal.

 

Wir kommen zu Konstantins wichtigster Szene. Dazu ein kurzer Einschub: Ich hatte ihm am Vortag in der Pause kurz nochmal geschrieben, dass er nicht vergisst kurz Stage Door zu kommen und dabei auch erwähnt wie super ich ihn als Fitzwalter finde. Seine Antwort? "Wart ab, die Szene kommt noch!" Also, Baron Fitzwalter wird von Will Scarlett ins Lager gebracht, sehr zum Unmut der Geächteten. Er hatte vermutet, dass der ehemalige Earl von Huntington unter der vom Adel so gefürchteten schwarzen Kapuze steckt und dachte sich, der einfachste Weg mit ihm zu reden wäre sich gefangen nehmen zu lassen. Sehr von sich und seinem Plan überzeugt berichtet er stolz, dass die Barone mittlerweile alle hinter der von Marians Vater aufgesetzten Magna Charta stünden und einen Pakt mit Robin anstreben um den König zu zwingen die Charta zu unterschreiben. Doch als die Geächteten anfangen zu lachen, entsteht kurz ein Riss in seiner hochmütigen Fassade. Anders als gestern verfällt er aber nicht in Angst sondern wird eher trotzig. Er führt den Plan der Barone weiter aus, stößt aber bloß auf Widerstand. Bedrohlich nähern sich die Geächteten und ziehen wie Haie um ihre Beute immer enger werdende Kreise um den Baron, bis Robin sich mit erhobenem Messer vor ihn stellt und... die Fesseln durchtrennt? Er stimmt dem Plan zu, unter der Bedingung, dass drei weitere Gesetze der Magna Charta hinzugefügt werden: 1. Die Geächteten bekommen ihre Rechte zurück 2. Das Volk wird vom Volk gerichtet und erhält Beistand vor Gericht und 3. die Leibeigenschaft wird abgeschafft. Fitzwalter wird vor die Wahl gestellt dem Plan so zuzustimmen oder aber als Eindringling im Lager zu sterben. Empört stimmt der Baron zu und wird wieder aus dem Wald gebracht. Sehr, sehr faszinierend wie unterschiedlich Konstantin Zander seinen Baron Fitzwalter heute im vergleich zur gestrigen Show spielt: Beide Variationen, sowohl die sehr Ängstliche als auch die Trotzige haben etwas für sich und passen wirklich gut in die Szene und zum Charakter. Er macht Fitzwalter ganz zu seinem eigen.

 

Die Bewohner des Waldes feiern den bevorstehenden Triumph und die damit verbundene Rückkehr ihrer Rechte mit einer auf Robin umgedichteten Version von "God save the Queen", welche Melanie Gebhard, die für diese eine Szene von der Äbtissin zur Geächteten wird, vorträgt. Ich muss kurz überlegen, aber ja, Chris de Burgh ist Ire und darf sich somit natürlich über das britische Königshaus lustig machen. Robin und ein paar der Geächteten machen sich also auf den Weg nach London zu König John, während Marian und die anderen im Wald zurück bleiben. 

 

In London ist König John grade beschäftigt mit Isabella, Polina... und Knut als Alys ins Zimmer platzt um ihm von der Ankunft von Baron de Vesci zu berichten. Kompliment an Julia Waldmayer, Marle Martens und Denys Magda, sowie deren Dresser, dass sie sich innerhalb von einer nicht mal 2 Minütigen Szene von den Geächteten in Johns... Gäste verwandeln können. De Vesci wird in die Kammer geladen und berichtet dem König von dem Plan der Barone am morgigen Tag die Magna Charta durchzusetzen. Im Hintergrund sehen wir, wie John Little, Scarlett und einige der Geächteten ungesehen von König John, de Vesci oder den anderen anwesenden säckeweise Gold stehlen. Dem König ist die Warnung des Barons herzlich egal, sollten die Barone nicht auf ihn hören, so habe er immer noch ein Heer von Söldnern, dass seinem Befehl folge leistet. De Vesci versucht ihn auf die möglichen Risiken hinzuweisen, doch König John erinnert ihn an den erstochenen Sheriff de Lacey in Nottingham und dass es jedem, der sich gegen ihn und die Krone verschwört ähnlich ergehen werde. Er schickt den Baron raus und wendet sich wieder seinen Gästen zu, nur um kurz darauf wieder gestört zu werden. Anders als der König vermutet ist es nicht de Vesci sondern, wie ein Zuschauer noch vor John feststellt, Robin Hood (sehr süß, ich fühlte mich kurz zur Eiskönigin zurück versetzt, wo grade die sehr jungen Besucher jeden einzelnen Charakter enthusiastisch auf der Bühne begrüßt haben). Robin macht dem König klar, dass er keine andere Wahl hat als die Charta zu unterschrieben und sich seinem Willen zu beugen, die umgedrehte Machtposition verdeutlicht sich nochmal als Robin das Lied des Königs "Mit mir kommt eine neue Zeit" anstimmt. Robin hält nun die Zügel in der Hand und König John kann nichts dagegen tun. So schnell wie er aufgetaucht ist, so verschwindet der Kapuzenmann auch wieder, während John panisch seine Wache ruft. Stattdessen kommt Kanzler de Burgh (haha... diesmal hats entweder keiner verstanden oder nicht lustig gefunden.... Matinee-Publikum ist in meiner Erfahrung immer etwas ernster und weniger begeisterungsfähig als das Abend-Publikum) und berichtet John, dass der Kronschatz gestohlen wurde. Nun werden ihm also auch seine Söldner nicht mehr helfen. 

 

Ausgelassen feiernd kommen Robin und seine Reisegefährten wieder im Sherwood an, die heitere Stimmung kippt aber sofort, als die anderen Geächteten dazu stoßen und berichten, dass Guy ins Lager gekommen wäre und Marian entführt habe. Aufgeregt rufen alle durcheinander, bis Robin beschließt sich an Gisbournes Vorgaben zu halten und allein nach Huntington zu gehen während die anderen ein neues Versteck suchen. 

 

Robin betritt den Festsaal, in welchem wir ihn bei seiner Verlobungsfeier das erste Mal kennen gelernt haben. Er lässt seinen Bogen fallen und ruft nach dem zum Feind gewordenen Freund.  Bevor Guy den Saal betritt schießt er erst einen Pfeil knapp an Robin vorbei in die Wand. Robin verkündet, dass er nicht gegen ihn kämpfen will, dass er ihm Huntington und alles was ihm gehört überlässt, wenn Guy nur Marian gehen lässt. Aber Gisbourne ist von einem Handel nicht zu überzeugen: Huntington gehöre Robin schon lange nicht mehr und das einzige was er ihm noch hätte geben können, habe er sich schon genommen. Der Vorhang auf der rechten Seite der Bühne fällt und wir sehen Marian, den Kopf in einer Schlinge, nur durch einen kleinen Hocker unter ihren Füßen am Leben gehalten. Kurze logistische Frage: So Säle in Burgen und alten Höfen haben doch sehr, sehr hohe Decken... Woran ist dieses Seil fest gemacht und wie ist Gisbourne da dran gekommen? Es kann ja nicht an einem der Geweihe hängen, die würden Marians Gewicht im Ernstfall nicht halten... Ist Guy irgendwie selber die Wand hoch geklettert und hat das Seil um einen Holzbalken (wenn ich jetzt architektonisch im richtigen Zeitalter bin...) festgemacht und ist dann die Wand wieder runter? Ich habe Fragen. Irgendjemand hat wohl eine von den Türen in der Gitterwand nicht ganz geschlossen, sodass die Projektion der Geweihe an der Wand rechts neben Marian einen Knick aufweist. Robin fleht ihn an Marian gehen zu lassen. Schlägt ihm vor ihn (Robin) dem König auszuliefern und die Belohnung zu kassieren. Doch auch dafür ist es zu spät, Gisbourne ist für sein Versagen bereits entrechtet worden, er ist nun auch ein Geächteter. Im Hintergrund hören wir schon die ganze Zeit "Ich oder du", also ist es endlich so weit und wir erfahren "wer der bessere ist von [den] beiden". Der Pfeil mit dem Guy sich angekündigt hatte ist der selbe mit welchem Robin ihm die Narbe an der Wange zugefügt hatte. Diesen Pfeil zieht Robin nun aus der Wand und gibt einen Schuss ab... welcher das Seil, das Marian hält durchtrennt. Robin hält sich an seine eigenen Worte, er will nicht gegen Guy kämpfen. Er rennt zu Marian und sorgt sich um sie. Guy geht auf ihn zu und jagt ihm einen Dolch in die Rippen und zählt dabei noch einmal auf wie sehr ihn Robin persönlich doch immer schon kleingehalten und ihm bei allem im Weg gestanden habe, was für ein Triumph es sei, jetzt endlich über ihn zu siegen und sich von ihm zu befreien. Bevor er doch den letzten tödlichen Stoß mit dem Dolch ausführen kann, wird er von hinten von einem Pfeil durchbohrt, welchen Marian mit Robins Bogen abschießt. Er stürzt leblos zu Boden und somit haben wir das große Dilemma abgewandt: Der Held der Geschichte hat nicht eine Person im Stück getötet, zumindest nicht, dass wir es gesehen haben, und hat eine vollkommen weiße Weste behalten.

 

Marian rennt zum stöhnenden und leidenden Robin, hält jedoch an als die Äbtissin den Saal betritt und bittet sie um Hilfe. Die Äbtissin kniet sich zu ihm, reicht Robin eine Tinktur und beginnt zu erzählen. Das Foreshadowing der beiden anderen großen Szenen der Äbtissin kommt zu einem Schluss. Die Äbtissin war mit 12 als Magd nach Huntington gekommen, Earl William hatte sich um sie, wie auch um Marian gekümmert, bis er sie eines Abends auf sein Gemach rufen ließ: "Du weißt doch selbst wie Männer sind, sogar in deinem eigenen Haus" (Manche Wunden heilen nie). Das was sie Marian über ihre Magd erzählt hatte, hat sie am eigene Leib erfahren müssen. Viele Jahre ging es so, bis sie schwanger wurde: "...dem Hause Loxley einen weiteren Bastard zu ersparen" (nachdem Robin betrunken mit Tuck und Scarlett zurück gekommen war). Sie wurde aufs Kloster geschickt, dem Earl wurde gesagt sie wäre gestorben, doch sie trug das Kind aus, welches einen Tag später verschwunden war. Hier schließt sich der Kreis ganz: Als Guy sie damals rufen ließ erkannte sie anhand des Mals an seinem Arm (was weder vor noch nach dieser einen Szene wieder auf seinem Arm war!) als ihren Sohn wieder. Guy von Gisbourne war Robins Bruder. Die Äbtissin entschuldigt sich bei Marian, sagt sie hat ihr nie ein Leid zufügen wollen und ab dem Zeitpunkt wissen wir alle, wie auch Marian, dass die Äbtissin nicht um zu helfen im Saal erschienen ist, zumindest nicht um Robin zu helfen. Robins Schmerzen werden größer, Marians Unglaube und Schock auch und die Äbtissin verschwindet mit den Worten "Manche Wunden heilen nie" im roten Licht. Sie hat Robin vergiftet. Marian gibt sich selbst die Schuld daran, denn schließlich hat sie ihr das Versteck gezeigt, welches die Äbtissin Guy verraten hatte. Marian hatte die Äbtissin um Hilfe gebeten und nur so hat Guy sie schnappen können. Doch Robin nimmt ihr die Schuld und die Angst. Mit brechender Stimme gesteht er ihr noch einmal seine Liebe und dankt ihr. Ich habe wie auch gestern Flashbacks zu Mark Seibert als Lancelot in Artus Excalibur, er hat ein Talent dafür zu sterben. Robin wird von seinem jüngeren ich ins Jenseits gerufen und folgt ihm. Marian bleibt alleine und verlassen im leeren Saal. 

 

Zurück bei den Geächteten im Versteck sind die Trauer und die Angst groß. Was wird jetzt aus ihnen ohne Anführer? Will Scarlett sieht sich chancenlos gegen die Armee des Königs und plädiert dafür sich in alle Himmelsrichtungen zu verteilen. Doch dann erhebt Marian die Stimme: Sie machen genau da weiter wo sie aufgehört haben. So wie Robin es gewollt hätte. Sie müssen weiter für ihre Rechte und die Gerechtigkeit für alle kämpfen. Nach und nach stimmen alle mit ein, selbst Scarlett. Mit erhobenen Bogen singen sie für die "Freiheit in Nottingham" bis das Licht auf der Bühne aus geht.

 

Es folgt großer Applaus und die Verbeugungen mit noch einigen kleinen Tanz- und Gesangseinlagen. Ich mache schnell ein paar Bilder, bevor der Spendenaufruf, für den Spotlight wohl bekannt ist, erfolgt. Das gesammelte Geld geht an die José Carreras Stiftung, die sich für die Leukämie-Forschung einsetzt. Sehr charmant ruft der Sheriff (Thomas Christ) zum Spenden auf und dem kommen wir natürlich auch nach, als ich mich nachdem das Saallicht an geht schnell an allen vorbei zum Bühneneingang schlängele. 

 

Stage Door

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und mir ist ziemlich übel als ich an der Seite des Theaters auf Marle warte. Sicherheitshalber habe ich schon alles umgepackt, sodass ich schnell an Stift und Geschenk dran komme. Es warten noch ein paar andere mit mir dort, aber bei weitem nicht so viele wie gestern Abend. Ich schaue nochmal aufs Handy und lehne mich an die Wand, versuche etwas durch zu atmen. Ich schiele auf meine Nasenspitze, aber nein, alles gut, ich habe noch nicht die Farbe einer reifen Johannesbeere angenommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit (Nervosität verzerrt meine Zeitwahrnehmung immer sehr) kommt sie aus der Tür. Ich warte, bis die Leute vor mir, die oben auf der Treppe warten ihre Gespräche mit ihr beendet haben und traue mich langsam ein paar kleine Schritte näher, bleibe aber unten an der Treppe stehen. Irgendwann steht sie dann vor mir und mein Hirn schaltet sich von einem Augenblick auf den anderen einfach aus. Ich verspreche euch, die letzten Male an der Stage Door sind so gut gelaufen! Ich konnte reden! Ich konnte mich verhalten wie ich das normalerweise auch tue und bin nicht zum schüchternen 10 jährigen geworden der rot anläuft und kein Wort mehr raus bekommt! Ich mach das seit 4 Jahren regelmäßig! Aber heute nicht... Ich bekomme kaum einen Ton raus, vergesse sofort wo ich meine Sachen hin gepackt habe und stammele vor mich hin. Marle ist aber, wie bisher fast alle meine Stage Door Begegnungen unglaublich lieb und geduldig. Irgendwann habe ich mich zumindest wieder etwas gefangen, wir reden etwas und ich bitte sie um ein Autogramm auf meinem Beutel. Auch sie, wie Konstantin am Vortag, fragt mich von wem die anderen Unterschriften sind. Milan van Waardenburg erkennt sie, Milica Jovanovic auch, bei den anderen helfe ich etwas nach. Etwas kleinlaut frage ich, ob sie auch auf der Rückseite unterschreiben würde, weil sie nun mal eine meiner zwei lieblings Darstellerinnen ist (dreimal dürft ihr raten wer die andere Person ist, deren Name auf beiden Seiten steht...). Sehr gerne erfüllt sie mir den Wunsch und ich überreiche ihr das Geschenk. Hätte ich das zuerst machen sollen? Habe ich mir die Unterschriften mit dem Geschenk erkauft? Ich weiß es nicht... Sie fragt, ob sie es hier direkt auspacken darf und natürlich sag ich ja. Ich weiß nicht so ganz genau wohin mit mir während sie die Leinwand auspackt und sich ansieht. Ich weiß nicht, ich kann nicht gut mit Komplimenten und Dank umgehen. Aber zumindest scheint sie sich sehr darüber zu freuen, damit ist mein Ziel erreicht. Ich bin immer noch unfassbar nervös als Marle mich fragt ob ich ein Foto haben möchte (herzlichen Glückwunsch, ich bin so verkorkst, dass die Darsteller mich nach Fotos fragen nicht anders rum...). Zum Glück kommt grade ein anderer Fan vorbei und bietet an das Foto zu machen. Ich suche eine gefühlte Ewigkeit mein Handy und reiche es ihr zitternd. Wir stellen uns zum Foto hin und ich bin mir zu 100% sicher, dass sie merkt wie sehr ich zittere. Das hatte ich so schlimm auch noch nie. Natürlich mache ich für meine Fotografin auch gerne noch ein Foto von ihr mit Marle (Instagram sei Dank, stolpere ich später dort über das Foto und bin sehr erleichtert, dass es nicht völlig verwackelt ist. Gott sei Dank)

Noch immer unfassbar nervös bedanke ich mich nochmal und verabschiede mich dann. Gemeinsam mit Person A, die mit etwas Abstand gewartet hat und sich den restlichen Tag etwas über mich lustig macht, machen wir uns auf den Weg und genießen unseren letzten Tag in Fulda bevor es morgen wieder heim geht.

 

  

Fazit

Ich mag das Stück wirklich. Bisher ist es mein persönliches Sommer-Highlight (und ich habe diesen Sommer schon viel gesehen... Die Artikel zu Tecklenburg folgen noch). Die Geschichte zieht einen ganz in seinen Bann und auch bei mehrmaligem Gucken gibt es immer etwas Neues zu entdecken. Besonders toll sind die Choreographien und Ensemblenummern, wobei auch alle Solisten einen großartigen Job machen. Seher spannend war es auch die Darstellungen von verschiedenen Schauspielern in den selben Rollen zu vergleichen und zu sehen wie unterschiedlich sie diese auslegen. Ein kleines Minus gibt es von mir zum Bühnenbild. Ich bin einfach ein Freund von aufwendigen, künstlerischen Wänden und Bühnenelementen. Das hier ist für meinen Geschmack zu minimalistisch. Trotzdem werde ich wohl eventuell nächsten Sommer noch einmal die Reise nach Fulda und in den Sherwood Forest antreten und ich empfehle euch das selbe zu tun. Es ist die Reise wert!

 

 

 

 

 

An dieser Stelle eine kleine Danksagung: An Marle Martens, dass du dir die Zeit genommen hast und so verständnisvoll und lieb mit meinem Aussetzer umgegangen bist. An die Frau die das Foto gemacht hat, danke. An Person A und Person B die mir die Reise und die Karten geschenkt haben und an Person A für die Begleitung. Und nicht zuletzt an Mandy Walgenbach, die mir wieder einige ihrer Fotos zur Verfügung gestellt hat. Vielen lieben Dank!

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