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Songs for a new World Theater Dortmund 2020

Sooo, also erstmal sorry, dass ich über eine Woche gebraucht habe um überhaupt mit dem Artikel anzufangen....

 

Das erste Musical seit März, das ich besuchen durfte und dann auch noch in meinem geliebten Theater Dortmund. 

 

Aber fangen wir am Anfang an. Das Theater habe ich durch Jekyll & Hyde Ende 2019 kennen gelernt und mich sehr verliebt. In das Theater als Ort, in Gil Mehmert als Regisseur und in David Jakobs und Bettina Mönch als Darsteller. Ich war mehrfach in dem Stück und werde nach Wiederaufnahme auch ganz sicher noch mehrfach da sein. Einer der Punkte die SEHR für Dortmund sprechen sind die Preise. (Nein ich werde auch nicht vom Theater Dortmund gesponsort.) Die Karten sind wirklich günstig UND es gibt zusätzlich einen wirklich hohen Rabatt auf Schüler und Studenten Karten, sodass man auch mehrfach in  ein Stück gehen kann ohne danach für die nächsten 3 Monate pleite zu sein (ja, ich weiß, die Stadttheater werden im Gegensatz zu Stage und den anderen privaten subventioniert und dass damit natürlich auch die Ticket Preise zusammen hängen, aber trotzdem!)

 

Da Person A sich genau wie ich bei Jekyll in David Jakobs Stimme verliebt hat war sie Feuer und Flamme als ich ihr von 'Songs for a new world' erzählt habe. Schnell hat sie 3 Karten für die Matinee am Premierentag geholt und wir fahren gegen 13h los nach Dortmund. Schnell ein Parkplatz gefunden und los. Am Eingang geben wir unsere, natürlich schon zuhause ausgefüllten,  Kontaktformulare ab und zeigen die Karten vor.

Dann auf die Treppe hoch in den zweiten Rang. Diesmal sind die Plätze schnell gefunden. (Liebes Theater Dortmund, eure Platzangaben in den Rängen sind unglaublich verwirrend, wenn man sie noch nicht kennt.) Person A und B sitzen zusammen, ich sitze mit zwei Plätzen abstand rechts von ihnen in der letzten Reihe.

 

Hygienekonzept: Immer zwei Plätze nebeneinander, dann zwei Plätze frei. Nur jede zweite Reihe besetzt. Maskenpflicht bis Showbeginn und ab Showende. Die meisten haben ihre Masken jedoch auch währenddessen an behalten. 

 

Da sich vor uns und neben mir niemand hinsetzt rutsche ich zu Person A und B auf und nehme bei Showbeginn die Maske ab. 

Vorher erkläre ich den beiden ein bisschen von dem was sie erwartet. Aber viel weiß ich auch nicht. Ich wollte ausnahmsweise mal unvoreingenommen ins Theater. Ich weiß natürlich welche Darsteller auf der Bühne sein werden. Ich weiß, dass Gil Mehmert wieder der Regisseur ist, der auch für das Bühnenbild/Konstrukt verantwortlich ist. Ich weiß, dass es 16 einzelne Geschichten sind. Ich weiß jedoch nicht ob oder inwiefern diese zusammenhängen. Und ich glaube zu wissen, dass ich die Lieder NICHT kenne (dem ist im nachhinein nicht bei allen so.)

 

Es gibt keinen Vorhang, wir können das Bühnenbild von Anfang an sehen. Ein Gerüst, wie es beim Hausbau verwendet wird, davor eine quadratische Bühne mit einem Kompassdesign, die Ecke mit dem S für Süden ist in Richtung Zuschauerraum gerichtet. Ich bin etwas enttäuscht, es wirkt sehr einfach und willkürlich. 

 

Das Licht geht aus und die ersten Töne der 5 Musiker erklingen aus dem Orchestergraben. Die Darsteller betreten aus je einer Ecke die Bühne. 

(Hier eine kurze Anmerkung: Ich bin ein großer Freund des 2. Rangs, da die meisten Stücke mehr für den Innenraum inszeniert werden und man vom 2. Rang meist mehr sehen kannst als man sollte und somit, wenn man will, etwas "hinter die Kulissen" sehen kann, wenn zum Beispiel etwas umgebaut wird oder Auf- und Abgänge, die für die anderen Zuschauer nicht sichtbar sind.) 

Nacheinander kommen sie nach vorne und singen einen Teil des Intro Liedes, welches noch mehrmals als Übergang angesungen wird und so das Stück zusammen bindet. Mit ein paar schnellen Handgriffen wird am Ende des Liedes aus dem Quadrat und dem Gerüst ein Schiff (hier will ich nicht zu viel verraten wie, guckt es euch selber an) und David Jakobs singt als Kapitän von einer schweren und langen Reise.

 

Es geht weiter: Wir befinden uns in New York, eine Frau überlegt aus dem Penthouse zu springen. Bettina Mönch spielt die Rolle unglaublich überzeugend und spätestens jetzt bin ich in die Welt von 'Songs for a new world' eingetaucht.

Es folgen Geschichten über Liebe, Neustart, Krieg, gebrochene Herzen, Verzweiflung... Um hier nicht zu viel vorweg zu nehmen werde ich nicht jede der Kurzgeschichten beschreiben, aber ein paar meiner Favoriten möchte ich doch noch erwähnt haben:

 

Da wäre die Frau vom Weihnachtsmann, die von ihm nicht genug Aufmerksamkeit bekommt und sich SEHR dramatisch von ihm verabschiedet (oder auch nicht?), während sie ihr Kostüm von sich wirft. Und ich bereue sehr, dass ich Bettina Mönch vor Jekyll nicht auf dem Schirm hatte. Die Frau ist eine unglaublich gute Schauspielerin. Dann ein junger Mann aus einer schwierigen Familiensituation, der berühmt werden will (ihr kennt mich nicht. Aber bald!). Eine der Geschichten deren Ende mich sehr überrascht hat, was wohl auch an David Jakobs liegen wird, der die Geschichte mit allen ihren Wendungen überzeugend verkörpert. Irgendwann ein Lied was ich schon an den ersten Akkorden erkenne: Sterne und Mond. Ich wusste nicht, dass das Lied aus dem Stück kommt. Ich kenne es von Aufnahmen von Roberta Valentinis (Ja, auch in diesem Artikel muss ihr Name einmal gefallen sein) One Woman Show aus dem Capitol in Düsseldorf, vor vielen Jahren und ich mag das Lied sehr (nicht nur wegen Roberta), sondern weil es sehr clever mit dem Text spielt und mit einer unvorhergesehenen Wendung (die ich hier nicht vorweg nehmen werde) kommt. So wie es bei vielen Liedern des Stücks der Fall ist. Etwas später, noch ein Lied was mir bekannt vorkommt, ich kenne es jedoch auf englisch, in einer Version von Patrick Stanke. Auch bei dem Lied wusste ich vorher nicht, dass es zu dem Stück gehört. Textlich finde ich es auf englisch schöner, "Let me out of here" passt irgendwie besser in die Zeile als "Lasst mich bitte gehen". Aber David Jakobs Performance macht die Übersetzung wieder wett.

Eine der letzten Geschichten, über Tod und Leben berührt mich besonders und überrascht mich sehr bei der Inszenierung, auch hier will ich nicht zu viel verraten, aber wenn ihr das Stück gesehen habt, lasst mich wissen ob ihr mit dem Trick gerechnet habt, ICH habe es nämlich absolut nicht kommen sehen.

 

Die Geschichten verbindet das offene Ende. Wird der Schritt gemacht, zu einem neuen Anfang, aus einer alten Situation heraus, oder bleibt alles beim Alten? Die Inszenierung lässt die offenen Enden meist den Zuschauer für sich entscheiden. Mit vielen geschickten, aber einfachen Mitteln werden die Szenen in verschiedene Umgebungen versetzt. Am Ende des Stücks sieht die Bühne aus wie ein Schlachtfeld, überall liegen Klamotten und Requisiten die im Laufe des Stücks dort gelandet sind, aber sie stören nicht in den folgenden Szenen. Oft werden sie in einer anderen, nicht vorhersehbaren Weise wieder verwendet. Die Darsteller verlassen während des ca 1,5 stündigen Stücks nicht einmal die Bühne, alle Umzüge und Umbauten erfolgen ohne Vorhang währenddessen. Und es passt.

 

Das Licht geht wieder an und der Schlussapplaus folgt und er ist lang. Verdienterweise werden sowohl "Orchester" (also eigentlich Band), als auch Leadingteam und Darsteller lange und laut durch Applaus belohnt. Wir machen uns danach auf den Weg zum Auto und unterhalten uns auf der Rückfahrt noch lange über das Stück ("Wer war jetzt die aus Jekyll?" "Die Große" (Dazu muss ich anmerken, dass auch ich zwischenzeitlich ein bisschen Probleme hatte die beiden Damen auseinander zu halten, wegen der vielen Kostüme und Perücken. Im Endeffekt habe ich sie an Größe und Klamottenfarbe auseinander gehalten und natürlich an den Stimmen))

 

Wieder einmal hat mich das Theater Dortmund sowie Gil Mehmert mit seiner Vision absolut überzeugt. Ich muss zugeben, ich habe 2 Lieder gebraucht um mich in das doch eher ungewöhnliche Konzept des Stücks, ohne eine fortlaufende Handlung, einzufinden, aber als ich einmal drinnen war bin ich dort auch bis zum Schlussapplaus geblieben und habe mit jedem Herzschmerz mitgefühlt und um jede Person gebangt. Bitte, bitte guckt euch dieses Stück an, wenn ihr die Gelegenheit dazu bekommt, ihr werdet es nicht bereuen. Alle vier Darsteller spielen und singen unglaublich gut (wie bei dem Stück anders kaum möglich) und die Inszenierung ist überraschend vielseitig trotz sehr einfacher Mittel. Ein ungewöhnliches Stück für eine ungewöhnliche Zeit.

 

 

 

Edit: Ich schreibe viel über Bettina Mönch und David Jakobs, dazu muss gesagt sein, dass Rob Pelzer und Sybille Lambrich ebenfalls unglaublich gut und überzeugend gesungen und gespielt haben. Sie haben nur leider die (meiner subjektiven Meinung nach) langweiliger, weniger mitreißenden Lieder abbekommen, weshalb ich über die beiden nicht so viel schreibe. Aber die Leistungen von allen vieren waren gleichwertig toll!!!

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