Disclaimer: Wer etwas über die Stadt lesen möchte und nicht über meine lange Anreise, der kann in Absatz 6 Anfangen, eventuell habe ich ein paar lange Ausschweifungen gemacht, bis dieser Artikel tatsächlich in Stuttgart anfängt.
Alsoooo eigentlich wollte ich nach Stuttgart, weil ich eine Karte für das Quatsch mit 3 Konzert von David Jakobs, Maximilian Mann und Felix Martin hatte. Die Karte habe ich irgendwann Anfang des Jahres geholt. Dann fing der ganze Wahnsinn an, weshalb ich es sehr sehr lange aufgeschoben habe, Zugkarten und/oder ein Hotel zu buchen. Dann, etwa 3 Wochen vor dem Konzert gehe ich auf die Suche. Person A überredet mich dazu doch ein Hotel zu buchen und nicht direkt am selben Abend noch zurück zu fahren. Wir finden ein günstiges Angebot für beide Zugfahrten und eine Übernachtung, direkt gegenüber vom Friedrichsbau Varieté. Das Problem: Mein Zug geht um 5h morgens und fährt am nächsten Tag erst um 17h. Was soll ich denn so lange in Stuttgart? Und SO FRÜH AUFSTEHEN! Naja, egal. Es ist ein gutes Angebot also nehme ich es. Ich kann ja immer noch im Hotel schlafen, nachdem ich ankomme, vor dem Konzert.
Am 6.9. einen Tag vorher packe ich also meine Tasche. Ich bin unglaublich aufgeregt. Es ist zwar nicht dass erste Mal, dass ich alleine verreise, aber auch nicht das 100ste Mal. Ich glaube das erste Mal, dass ich auch an meinem Reiseziel alleine sein werde und meine Umstiegs-Zeiten sind teilweise sehr kurz. Ich sitze lieber eine Stunde am Bahnhof als mich innerhalb von 10 Minuten abhetzen zu müssen um einen Zug zu erwischen. Dann irgendwann Abends kommt die Nachricht: Das Konzert muss verlegt werden. Einer der drei Darsteller hatte Kontakt mit einer infizierten Person und wird bis zum morgigen Tag kein Testergebnis mehr bekommen. Mist. Natürlich mache ich mir Sorgen, wer von den dreien es sein könnte und was das bedeuten könnte (Ich habe eine eindeutige Vermutung, aber die behalte ich mal für mich). Aber vor allem frage ich mich was ich denn bitte zwei Tage in Stuttgart machen soll, ohne das Konzert. Hm... Ich werde auf jeden Fall fahren, ich habe keine Reiserücktrittsversicherung.
Ich stelle mir 2 Wecker, lege mir meine Klamotten zurecht und gehe schlafen. Um 4:45h geht mein erster Wecker. Ich beschließe aufzustehen und nicht auf den zweiten zu warten. Ich bin viel zu nervös um nochmal einzuschlafen. Ich mache mich also fertig, packe noch eine Flasche Wasser ein und mache mich auf den Weg zur Busstation. Natürlich bin ich viel zu früh dort... Ich brauche zu Fuß 2 Minuten zur Station, ich gehe eine Viertelstunde bevor der Bus kommt los. Ich gehe unruhig auf und ab. Der Bus kommt pünktlich und ist erstaunlich voll, für die Uhrzeit. Ich erwische den Zug bis Düsseldorf, die RE13. Einer der pünktlichen Züge. Den nehme ich häufiger auf dem Rückweg von der Uni. In Düsseldorf warte ich auf den nächsten Zug. er ist um 5minuten verspätet. Ich werde sehr nervös. In Karlsruhe habe ich regulär nur 10 Minuten zum Umsteigen, minus 5 Minuten sind noch 5 Minuten... sehr wenig Zeit um von Gleis 5 zu Gleis 10 zu kommen, an einem völlig fremden Bahnhof...
3,5 Stunden Fahrt in denen ich nicht ein Auge zu mache. Dafür genieße ich die Aussicht. Es geht an Bingen vorbei und der Zug folgt sehr lange dem Flussverlauf. Es ist eine wirklich schöne Strecke, besonders im Licht des Sonnenaufgangs. (Ich erwähne hier nur Bingen, weil dass das einzige von den Dörfern ist, in dem ich schon mal war und dessen Namen ich mir deshalb gemerkt habe...) Der Zug hat die Verspätung aufgeholt und wir kommen pünktlich in Karlsruhe an. Ohne Probleme erreiche ich meinen Zug, der mich endlich nach Stuttgart bringen soll. Wir fahren an Mannheim vorbei und ich halte Ausschau nach dem Theater 'Hier hat Roberta Ende letzten Jahres Evita gespielt' denke ich bei mir. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Theater gesehen habe oder nicht, aber um 11h komme ich in Stuttgart an. Meine Güte ist dieser Bahnhof groß und verwirrend. Besonders der U-Bahn Bereich. Nachdem ich feststelle, dass es nicht möglich ist per PayPal ein Ticket über die ÖPNV App von Stuttgart zu bestellen suche ich nach einem Ticketautomaten. Schnell sind zwei Tagestickets gedruckt und bezahlt. Ich fahre zum Hotel. Als ich die Email nochmal checke um nach meinem Eintrittscode zu gucken sehe ich, dass ich erst ab 14h einchecken kann. Na toll...
Ich schreibe einer Online Freundin, die mir ein paar Tipps gibt, was ich machen könnte. Sie lebt in der Nähe von Stuttgart, im Schwarzwald (also nicht mitten im Wald, sondern in einer Stadt innerhalb des Schwarzwalds) und ich kenne sie durch unsere gemeinsame Liebe für Musicals und Roberta ins besondere. Sie empfiehlt mir zu den Theatern ins SI-Zentrum zu fahren. Genau das tue ich auch.
Nach etwa einer Viertelstunde und zwei U-Bahnen komme ich hinter dem Apollo Theater an der Station an, wo mir zuerst eine Werbung für "Zeppelin" im Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen ins Auge fällt. Ich steige aus und laufe durch den Durchgang (dessen Namen ich gekonnt vergessen habe) einmal durch das Gebäude. Ich Blicke direkt aufs Palladium Theater. Es hängen noch die Plakate für Ghost und ich weine ein bisschen vor mich hin. Seitdem im September verkündet worden war, dass Roberta die Rolle der Molly übernehmen würde habe ich eine innere Diskussion geführt, ob ich nicht hin fahren solle. Ich hatte mich dagegen entschieden. Und dafür werde ich mir wohl ewig Vorwürfe machen. Ich stehe mitten auf dem Platz und gehe aufs Palladium zu. Ich gehe um das Gebäude und suche die Stage Door. Ja ich bin ein voll Nerd. Ich stehe dazu. Der selbe Vorgang folgt dann auch beim Apollo Theater, nur mit etwas weniger Herzschmerz. Jules, meine Internet Freundin, überredet mich dazu in das Gebäude zu gehen und mir den Verbindungstunnel zwischen beiden anzusehen, als ich schon wieder auf die Bahn warte. Ich höre auf sie. Schnell bin ich wieder im Apollo Theater und finde mit ihrer Hilfe den Tunnel. Er ist wirklich hübsch. Besonders menschenleer und ungestört. Irgendwie verströmen Theater für mich eine magische Atmosphäre. So ist es auch in dem Tunnel. Ich nehme zum ersten Mal seit ich los gefahren bin meine Kopfhörer ab (ein hoch auf Musical Podcasts...) und tauche in eine andere Welt ein. Obwohl sowohl Musik als auch Bildschirme ausgeschaltet sind verliert der Tunnel nichts von seinem Zauber.
Nachdem ich mich satt gesehen habe gehe ich weiter in die Palladium Passage. Der Steampunk/ Viktorianische Stil der Passage erinnert mich sehr an Tanz der Vampire. Unglaublich schön. Es fühlt sich etwas verboten an, so mutterseelenallein durch die Passage zu ziehen, da auch die Restaurants geschlossen sind. Ich gehe die Treppe hoch und in Richtung des Theaters. Ich grinse vor mich hin, als ich die Plakate für Tanz der Vampire sehe, welches von Oberhausen direkt nach hier gewechselt wäre, hätten die Theater nicht schließen müssen. Ich wandere noch ein bisschen andächtig durch das Gebäude und den Theaterbereich. Dann mache ich mich langsam durch den Tunnel wieder auf den Weg zur U-Bahn. Mittlerweile haben wir 14:00h und ich darf, wieder am Hotel angekommen, einchecken. Der Rezeptionist fragt nicht mal nach der Nummer, die ich aus Angst versehentlich die Mail zu löschen, mittlerweile auswendig kann. Ich nenne meinen Namen, unterschreibe die Erklärung und kriege den Zettel für meine Frühstücksbestellung in die Hand gedrückt, sowie meinen Schlüssel. In Zimmer 112 angekommen ruhe ich mich erstmal aus und beschließe dann erstmal duschen zu gehen, bevor ich wieder losziehe. Es tut mir etwas leid um die weißen Handtücher, da meine frisch nachgefärbten Haare noch ein bisschen ausfärben, sorry dafür.
Ich schreibe noch etwas mit Jules, die mir den Fernsehturm weiter empfiehlt. Ich googele und finde heraus, dass der leider erst Donnerstag wieder auf macht... Ich suche weiter, was ich denn sonst noch machen könnte und entscheide mich dafür in den Schlosspark zu fahren. Innenstadt kann ich ja immer noch morgen machen. Dachte ich.
Schnell bin ich mit der U-Bahn am Schlosspark angekommen und wandere durch die Bäume in Richtung Schloss. Dann hinter dem Schloss entlang und wundere mich, wann es denn dazu gekommen ist, dass ich zuerst zu den Theatern und dann zum Spazieren gehen in den nächsten Park fahre. Wie eine gute Freundin darauf antwortet: "Du Rentner". So komme ich mir auch ein bisschen vor. (Ich glaube ich habe ein neues Lieblingswort...früher war es mal "definitiv", jetzt ist es anscheinend "ein bisschen"... Jeder zweite Satz...) Irgendwann entdecke ich den Rand der Wilhelma und gehe an den Gehegen entlang. Ich hatte kurz auch überlegt dort hin zu gehen, mich aber dagegen entschieden, da ich nicht guten Gewissens einen Zoo unterstützen kann (soll jetzt nicht nach Moralapostel klingen und soll auch gar kein Vorwurf sein.) Ich laufe weiter durch den Park und ärgere mich etwas über mich, dass ich A) nicht geguckt habe welches Wetter in Stuttgart angesagt war und B) nur ein T-Shirt mit habe (das ich dem entsprechend auch schon seit 4 Uhr an habe....) Ich gucke mir die Pflanzen an, mache einen großen Bogen um die Gänse und schreibe noch etwas mit Jules, die mir vorschlägt ich könne doch am nächsten Tag nach Pforzheim kommen, da wisse sie noch einige sehenswerte Orte und Attraktionen, in Stuttgart würde ihr nichts mehr einfallen. Ich Frage sie, ob das denn ok für sie wäre und ob sie Zeit und Lust hätte etwas mit mir zu machen. Sie sagt zu. Ich freue mich, bin aber etwas nervös, schließlich kennen wir uns nur vom Schreiben und die letzte Internetfreundschaft die ich getroffen habe hat zu einer unglaublich anstrengenden Woche geführt, in der ich ihn die ganze Zeit hinter mir her geschleift hatte, da er leider weder eine Meinung noch irgendwelche Ideen zu irgendwas hatte... aber das ist eine andere Geschichte.
Ich kaufe mir ein Ticket um am nächsten Tag nach Pforzheim zu fahren und suche mir eine Zugverbindung raus. Angesichts der Umstände entscheide ich mich dazu DOCH etwas zum Essen zu holen (ja, ich HABE diesmal wirklich was gegessen, glaubt mir! Ins besondere die Personen, die mir nach dem letzten alleine Urlaub Vorwürfe gemacht haben, dass man sich nicht zwei Tage von nur Wassermelone ernähren sollte....) Ich gehe also kurz einkaufen und fahre dann gegen 19:30h auf direktem Weg zum Hotel. Wobei, nicht direkt. Ich gehe vorher noch kurz am Friedrichsbau Varieté auf der anderen Straßenseite vorbei und werfe einen Blick hinein. Schade, dass das Konzert ausfällt. Ob ich zum Ersatztermin am 7.12. nochmal nach Stuttgart fahre muss ich mir noch überlegen.
Ich gehe zurück in mein Zimmer und schlafe recht schnell ein. Beim nächsten Mal Stuttgart brauche ich dringend einen Stadtführer, eine weitere Internet/Musicalfreundin hat sich für den Posten bereits angemeldet (du weißt, dass ich von DIR spreche).
Von dem was ich gesehen habe, fand ich Stuttgart wirklich sehr schön. Besonders die Theater. Ich hatte nicht gedacht, dass ich beim Anblick der geschlossenen Theater SO emotional werden würde. Besonders da mein Theaterentzug ja gar nicht mehr so schlimm sein sollte, zu dem Zeitpunkt war das letzte Konzert auf dem ich war grade mal 3 Tage her.
Fazit: Ich komme wieder. A. du musst mir mehr von der Stadt zeigen. Ich muss die Theater dringend auch mal von Innen sehen (ich kann jetzt schon sagen, dass sie beide deutlich schöner als das Metronom oder das Stage Theater am Hafen sind). Und Ich bin ein 21 jähriger Rentner.
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